Geboren aus der Not
Davon, wie schwer es ist, im Luxus-Uhrenmarkt erfolgreich Fuß fassen zu können, wußten die Mitbegründer der Académie Horlogère des Créateurs Indépendants Vincent Calabrese und Svend Andersen in den frühen 1980-er Jahren ein Lied zu singen. An Ideen und Produkten mangelte es den beiden Uhrmachern nicht. Aber als so genannte Einzelkämpfer sahen sie sich im Zuge der Mechanik-Renaissance jeden Tag aufs Neue herausgefordert. Natürlich gab es damals schon die Basler Uhrenmesse. Aber die Kosten selbst einfacher Vitrinen überstiegen in aller Regel die verfügbaren Budgets.
In dieser misslichen Situation dachte der gebürtige Italiener, dem Corum das Stabwerk der Golden Bridge verdankt, an einen Zusammenschluss Gleichgesinnter. Einen ersten Partner fand er in Svend Andersen und der in Genf ansässige Däne zeigte sich begeistert.
Académie Horlogère des Créateurs Indépendants
Zusammen riefen sie 1985 die Académie Horlogère des Créateurs Indépendants ins Leben. Noch im gleichen Jahr stieß der Deutsche Bernhard Lederer zur kurz AHCI genannten Institution. 1987 machte sich auch das hartnäckige Verhandeln mit der EUSM- Messeleitung bezahlt. Sie gestand der AHCI ein kleines, aber angemessenes Forum zu. Dort zeigten Svend Andersen, Vincent Calabrese, Christophe Claret, George Daniels, Michael Laugerotte, Bernhard Lederer, Franck Muller, Giovanni Pozzi, Dominique Renaud. J.K. Snétivy, Gerhand Weigmann und Peter Wibmer im Rahmen einer von der Basler Messe gesponserten Sonderschau ihre herausragenden und kreativen Produkte.
Die Resonanz war damals übrigens ausgesprochen positiv. Beispielsweise überzog der Schweizer Bundespräsident die vorgesehene Besuchszeit am Stand um das Dreifache.
Fortan zeigten die Mitglieder der AHCI in Basel von Jahr zu Jahr die Unabhängigen ihre Neuheiten. Infolge dessen entwickelte sich ihr Messestand zu einem Treffpunkt diskussionsfreudiger Uhrenliebhaber. Vertreter von Uhrenmarken auf der Suche nach mechanischen Innovationen ließen sich ebenfalls blicken. Das Ziel des eingetragenen Vereins bestand und besteht in einer Belebung der traditionellen handwerklichen Uhrmacherkunst parallel zur industriellen Fertigung mechanischer Uhren.
Anspruchsvolles Aufnahmeritual
Logischer Weise suchten immer mehr Gleichgesinnte um Aufnahme in den durchaus elitären Zirkel nach. Bot er doch die Möglichkeit, ihre Kreationen einem breiten Publikum im Rahmen gemeinsamer Aktionen auszustellen.
Zur Sicherung der intendierten Qualität entwickelte die AHCI ein strenges, aber auch sehr transparentes Aufnahmeritual. Erstaunlicher Weise gehörte eine abgeschlossene Uhrmacher-Ausbildung nicht zum Kriterienkatalog. Sonst wäre der so innovative, wie legendäre George Daniels nicht Mitglied geworden.
Aber ein eigenes Uhrwerk mussten und müssen die von zwei Paten unterstützten und bewerteten Kandidaten schon entwickeln und herstellen können. Nach dem mindestens zweijährigen Verfahren muss die Generalversammlung der AHCI anschließend einstimmig über die Aufnahme entscheiden.
Neues Buch zur AHCI
2020 jährte sich die Gründung der AHCI zum 35. Mal. Aus diesem Anlass entstand ein mehr als 200 Seiten starkes Buch in englischer Sprache. In Wort und natürlich Bild widmet sich AHCI the Independent Spirit: Time Makers Since 1985 besagten 35 Jahren uhrmacherischer Kreativität und Unabhängigkeit.
Olivier Muller, der Autor präsentiert ein Innenporträt der aktuellen AHCI-Mitglieder und -Kandidaten. Beide Gruppen stellen ikonische Kreationen vor und lassen die Leserinnen und Leser an ihrem Knowhow teilhaben. Sie gewähren Einblicke in ihre Ateliers und in ihr Leben außerhalb der Uhrmacherei.
Jeweils zwölf Fragen zur Zeit runden die verschiedenen Kapitel ab. Nicht in Vergessenheit geraten sind natürlich auch die ehemaligen Mitglieder. Sie kommen im letzten Abschnitt des Buchs zu gebührenden Ehren.
Zu haben ist AHCI the Independent Spirit: Time Makers Since 1985 für rund 60 Euro unter anderem auf der AHCI-Internetseite oder bei Amazon. Wer googelt, der findet.
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