Uhrenkosmos Wochenschau

Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023 auf Rekordniveau – aber 2024 wird anders

In der zurückliegenden Woche publizierte die Fédération de l’horlogerie Suisse (FH) ihre kompletten Zahlen der Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023. Wie zu erwarten war 2023 das beste Exportjahr, welches die Schweizer Uhrenindustrie seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen erlebte. Das ist überaus erfreulich, muss aber nicht zwangsläufig so bleiben. Das ist unsere Prognose.

von | 04.02.2024

Grund zur Freude

Am Ende des vergangenen Jahres gaben die Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023 als Ganzes allen Grund zum Jubeln. Mit einem Exportvolumen von 26,7 Milliarden Franken übertraf 2023 alles Bisherige. Im Mittel stiegen die Ausfuhren gegenüber 2022 um 7,6 Prozent. Fürs erste Halbjahr verzeichneten die Statistiken ein Wachstum von 11,8 Prozent. Von Juli bis Dezember ging es dann bergab auf nur noch 3,6 Prozent. Dieser Wert beinhaltet die Ausfuhren von Fertiguhren und Uhrwerke.

Natürlich entfiel der Löwenanteil dabei auf fertige Uhren. Insgesamt 16,9 Millionen Exemplare bedeuten eine Zunahme um 7,2 Prozent oder stolzen 1,1 Millionen gegenüber 2022. Ihr Exportwert kletterte um 7,7 Prozent auf 25,5 Milliarden Franken. Indessen konnte die Schweizer Uhrenindustrie bei den Stückzahlen für 2023 keinen Superlativ verbuchen. 2017 hatten die eidgenössischen Fabrikanten exakt 24.305.272 Fertiguhren im Wert von 18,789 Milliarden Franken ins Ausland geschickt.

In puncto Wertschöpfung rangieren mechanische Zeitmesser fürs Handgelenk natürlich weiterhin ganz oben. 2023 erlösten 6.284.684 Exemplare insgesamt 22,007 Milliarden Franken. Fünf Jahre zuvor, 2018 hatten 7.525.380 Stück lediglich 16,344 Milliarden Franken eingetragen. Daraus lässt sich errechnen, dass der Durchschnittspreis für mechanische Uhren von 2018 bis 2023 von 2.171 auf 3.500 Franken geklettert ist. Nahezu 80 Prozent des gestiegenen Exportumsatzes geht auf das Konto mechanischer Modelle. Wertmäßig legten diese um sieben Prozent zu.

Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023

Schweizer Uhrenexporte 2023 aufgeschlüsselt nach Uhren und Werken (Quelle FH)

Masse dank Swatch

Auf der anderen Seite sorgten Quarzuhren, die wertmäßig nur einen Anteil von 12,6 Prozent erreichten, mit einem Plus von 8,8 Prozent für drei Viertel des Volumen-Wachstums. Mit einer Zunahme von 940.000 Exemplaren (+11,2 Prozent entfielen auf Uhren mit einem Exportpreis von unter 200 Franken stolze 83 Prozent des gesamten Stückzahlanstiegs.

Zweifellos geht ein beachtlicher Anteil bei den Quantitäten auf die Swatch Group und deren Kooperations-Plastikuhren zurück. Die 2023 schätzungsweise mehr als zwei Millionen Mal verkaufte elektronische Moonswatch und die ebenfalls begehrte tickende Blancpain-Swatch haben nicht nur der Schweizer Exportstatistik geholfen, sondern auch der Jahresbilanz des Hayek-Imperiums, das im Luxussektor weit weniger gut aufgestellt ist als im Bereich der preisgünstigen Massenprodukte.

Im Top-Segment haben Rolex, Audemars Piguet, Patek Philippe und Richard Mille unangefochten das Sagen. Von deren überragenden Erfolgen sind die Swatch Group-Marken Omega, Breguet und Blancpain deutlich entfernt. In den vergangenen zwölf Monaten sank der Aktienkurs der Swatch Group ADR um 26,28 Prozent, während Richemont nicht zuletzt auch wegen der herausragenden Performance seiner Schmuckmarken nur 2,14 Prozent einbüßte.(Stand 3. Februar 2024).

MoonSwatch

Erfolg durch die Plastik-MoonSwatch - hier Mission to Neptun

Verlauf Aktienkurs Swatch Group 12 Monate 2023 - 2024

Verlauf Aktienkurs Swatch Group 12 Monate von Februar 2023 bis Januar 2024

Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023

Luxus fürs Handgelenk ist weiterhin gefragt. Armbanduhren jenseits  3.000 Franken Export-, sprich inklusive Umsatzsteuer 10.000 Euro Publikumspreis legten wertmäßig um 9,4 Prozent zu. Und sie sorgten für 92 Prozent des gesamten im Jahr 2023 erzielten Wachstums der Schweizer Uhrenindustrie. Weitgehende Stagnation ist für 2023 im Preisbereich zwischen 200 und 3.000 Franken zu verzeichnen.

Wertmäßig legten diese Armbanduhren nur 0,9 Prozent zu. Bei den Stückzahlen waren es 1,9 Prozent. Bei gut jede zweite Uhr bestand das Gehäuse aus Edelstahl. Hinsichtlich des Exports gewannen Stahluhren beim Volumen nur 0,4 und beim Wert lediglich 1,4 Prozent. Weitaus erfolgreicher waren Edelmetall- (+9,2%) und Bimetall-Schalen (+11,2%).  An dieser Stelle gilt es nochmals zu betonen, dass es sich in der FHS-Statistik um Exportpreise handelt. Die Publikumspreise dürften etwa um den Faktor drei höher liegen.

Audemars Piguet Royal Oak Tourbillon Roségold

Uhr-Luxus ist weiterhin gefragt. Hier ein Audemars Piguet Royal Oak Tourbillon in Roségold

Exportmärkte 2023

Bleibt ein Blick auf die verschiedenen Märkte. Primus bei den Einzelmärkten sind weiterhin die USA, welche Produkte im Wert von 4,162 Milliarden Franken importierten. Bei einem Wachstum von sieben Prozent beträgt der Anteil 15,6 Prozent.

Schweizer Uhrenexporte 2021, 2022 und 2023

Schweizer Uhrenexporte 2021, 2022 und 2023 aufgeschlüsselt nach Ländern

China importierte Ware für 2,762 Milliarden Franken, kletterte um 7,6 Prozent und erreichte einen Anteil von 10,3 Prozent. Gegenüber 2021 ist bei den Importen ein Minus von 6,0 Prozent zu verzeichnen. In Hongkong scheint die Lust auf Schweizer Uhren nach den gesundheitlichen Einschränkungen rasch zurückzukehren. Importe in Höhe von  2,356 Milliarden Franken entsprechen einem Plus von 23,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Japan, die internationale Nummer vier, legte um 7,7 Prozent auf 1,823 Mrd. Franken zu. Auf Platz fünf folgt Großbritannien mit 1,744 Mrd. Franken, (+7,6%). Singapur, Rang sechs, wuchs bei den Importen infolge eines ungünstigen Basiseffekts nur um 2,5 Prozent.

Deutschland führte Uhren und Werke im Wert von 1,358 Mrd. Franken ein. Mit einem Plus von 5,1 Prozent erreichte die Bundesrepublik Platz sieben in der Schweizer Exportstatistik. Überdurchschnittlich gut (+12,2%) entwickelten sich die Vereinigten Arabischen Emirate. Hingegen bekam Südkorea die Konkurrenz des Duty-free-Marktes auf der chinesischen Insel Hainan voll zu spüren und führte deswegen 7,3 Prozent weniger Uhren aus der Schweiz ein.

Schweizer Uhrenexporte 2021, 2022 und 2023 nach Ländern

Schweizer Uhrenexporte 2021, 2022 und 2023 nach Ländern

Messen 2024

Nach den grundsätzlich sehr erfreulichen Zahlen stellt sich die Frage, ob alle Schweizer Uhrenmarken von diesem Boom gleichermaßen profitierten. Die Antwort lautet definitiv nein. Neben naturgemäß wenigen Gewinnern gibt es wie immer im Leben natürlich auch zahlreiche Verlierer oder unterdurchschnittlich performende Protagonisten.
Eine weitere Frage ist die, wie es im laufenden Jahr  weitergehen wird. Dessen erster Monat ist bereits verstrichen. Soeben haben Bulgari, Hublot, Tag Heuer und Zenith in Miami während der dortigen LVMH Watch Week ihre ersten Produkte des Cuvée 2024 gezeigt.

Bulgari - Bulgari 2024

LVMH Watch Week 2024 Miami: Bulgari Bulgari

Hublot Big Bang Unico SAXEM Green 2024

LVMH Watch Week 2024: Hublot Big Bang Unico SAXEM Green Chronograph

In München wird bald die Inhorgenta über die Bühne gehen. Bei Armbanduhren besitzt diese Fachmesse eher regionalen Charakter. Bedeutende Produktneuheiten sind nicht zu erwarten. Folglich blickt die Branche gespannt auf die Genfer Watches & Wonders. Nach dem Corona-Shutdown ist es die zweite, bei der auch Größen wie beispielsweise Chopard, Patek Philippe und Rolex ihre Neuheiten zeigen.

Watches and Wonders Genf 2023

Was die teilnehmenden Marken während der Watches and Wonders in Genf zeigen werden, darf derzeit noch nicht publiziert werden

Was die Uhrenliebhaberinnen und Liebhaber an der Rhône erwartet, bleibt bis zum Morgen des  9. April in der Regel ein gut gehütetes Geheimnis. Aller Voraussicht nach werden wieder einige Retromodelle zu sehen sein, denn der Blick zurück liegt im Trend. Zu erwarten sind moderatere Gehäusedurchmesser sowie Farbigkeit. Und uhrmacherischer Luxus mit mechanischem Innenleben wird im Palexpo-Gebäude weiterhin großgeschrieben.

Grand Seiko SBGX355 und STGF385 Snowflake Quartz

Neuheit 2024: Grand Seiko SBGX355 und STGF385 Snowflake mit Quarzwerk

Wachstum durch Preissteigerungen?

Einmal mehr werden sich die Unterschiede zwischen dem Alten Europa, der Neuen Welt sowie dem Mittleren und Fernen Osten zeigen. Die Hersteller in der Uhr-Schweiz hoffen für 2024 auf ein zwar geringeres, aber dennoch spürbares wertmäßiges Exportwachstum. Dazu beitragen dürften die kürzlich vorgenommenen Preissteigrungen bei Rolex (mehr zu den neuen Rolexpreisen und der Erhöhung 2024 gibt es hier zu lesen), der mit Abstand größten Marke.

Angesichts des derzeit immens starken Schweizerfranken werden sich Mitbewerber gezwungen sehen, das Gleiche zu tun. Spätestens dann zeigt sich, ob die internationale Kundschaft mitspielt und die Schweizer Uhrenindustrie Exporte 2023 nochmals übertroffen werden können.

Rolex Oyster Perpetual Cosmograph Daytona Ref 126500LN Kaliber 4131

Rolex Oyster Perpetual Cosmograph Daytona, Ref. 126500LN, Kaliber 4131. neuer Preis Januar 2024: 15.500 Euro. Der alte Preis war 14.850 Euro

Dank seiner Stärke wird Rolex die Auswirkungen nicht unmittelbar spüren. Noch übersteigt die Nachfrage das Angebot. Ähnliches gilt unter anderem für Patek Philippe. Nicht nur in Deutschland wird die Genfer Familienmanufaktur 2024 einige Türen schließen, um die Liefersituation zu verbessern. Bei Audemars Piguet muss man noch immer auf eine klassische Royal Oak warten. Und Richard Mille kann auf eine finanziell bestens situierte Stamm-Klientel bauen. Die Regel ist das freilich nicht, sondern eher die Ausnahme.

Die Parallelmarkt-Portale werden sehr schnell zeigen, aus welcher Richtung der Wind weht. Wenn zu üppig kalkulierte Armbanduhren bei den international agierenden Playern deutlich unter dem unverbindlichen Publikumspreis zu haben sind, wird sie kaum noch jemand bei den freien Konzessionären ohne Rabatt kaufen. In den eigenen Boutiquen können die Marken preislich zwar dagegen halten, aber mit unverkaufter Lagerware ist letzten Endes niemand gedient.

Parmigiani Fleurier Tempus Fugit Onject d’Art Jahr des Drachen Unikat 2024

Uhrmacherischer Top Luxus: Parmigiani Fleurier Tempus Fugit Onject d’Art zum Jahr des Drachen, Unikat 2024

Aussichten 2024

Zweifellos wird 2024 ein gleichermaßen spannendes wie unwägbares Jahr. In China müssen viele Menschen mit den Folgen der Immobilienkrise fertig werden. Europa hält nicht nur der Ukrainekrieg weiterhin auf Trab. In Deutschland wirken Rezession sowie die Aussichten auf steigende Mieten und Energiekosten nicht unbedingt kaufmotivierend, was sich auf die Exporte der Schweizer Uhrenindustrie in 2024 durchaus auswirken wird. Der Mittlere Osten entwickelt sich mehr und mehr zum Pulverfass.

Wie es in Korea und Taiwan weitergeht, muss sich zeigen. Und in den USA steht es mit zwei greisen, auf unterschiedliche Weise angeschlagenen Präsidentschaftskandidaten ebenfalls nicht zum Besten. Dazu gesellt sich, wie schon angedeutet, der Kurs des Schweizer Franken. Schließlich steht es um das Konsumverhalten auch nicht unbedingt zum Besten. Letztlich kann sich alles negativ auf die Schweizer Uhrenexporte auswirken.

Unter diesen Vorzeichen glaube ich nach mehr als 40 Jahren Uhr-Journalismus im Gegensatz zum Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FHS) für 2024 nicht an ein wertmäßiges Wachstum der Exporte. Wie ich schon in einem früheren Beitrag zu dieser Thematik betonte, haben selbst sehr erfolgreiche Marken die Bestellungen beispielsweise für Etuis vorsichtshalber reduziert.

Einen entschleunigenden Einfluss dürften längerfristig auch die seit bald zwei Jahren kontinuierlich sinkenden Preise der begehrtesten Uhrenmodelle am Parallelmarkt haben. Dieser Sachverhalt bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Begehrlichkeit. Die Spekulanten unter den Käuferinnen und Käufern werden weniger oder fallen irgendwann ganz weg. So betrachtet kann sich die Schweizer Uhrenindustrie glücklich schätzen, wenn sie 2024 mit drei bis fünf Prozent niedrigeren Exporten und damit einem “blauen Auge” davonkommt.

Speake Marin Dragon 2024

Limitiertes zum chinesischen Jahr des Drachen: Speake Marin Dragon

Die positive Seite des womöglich Negativen

Käme es so, muss das nicht unbedingt negativ sein. Manche Uhrenmarken müssten nolens volens von ihrem Hohen Ross herabsteigen. Der klassische Fachhandel und die finale Kundschaft erführen auf diese Weise wieder jene Wertschätzung, die in den zurückliegenden Boomjahren da und dort nachgelassen hat oder sogar ganz verlorengegangen ist. Besinnung auf tradierte Werte ist das Gebot der Stunde.

Niemand wünscht sich Einbrüche zurück, wie sie die Uhrenindustrie beispielsweise 2009 im Zuge der von den Lehman Brothers ausgelösten Finanzkrise erlebte. Damals gaben die Export-Erlöse um 22,3 Prozent nach. Und das Coronavirus ließ die eidgenössischen Ausfuhren im Jahr 2020 von 21,7 Milliarden auf nur noch 17 Milliarden Franken einbrechen. Das entsprach einem Minus von 21,8 Prozent. Boomjahre machen Situationen wie diese schnell vergessen. Aber das ist ein gravierender Fehler.

 

Zenith Chronomaster Triple Date 2024 Konzessionärs-Version Leder Panda invers

LVMH Watch Week 2024: Zenith Chronomaster Triple Calendar, Konzessionärs-Version, Lederband, Zifferblatt Panda invers, 14.000 Euro

Uhrenkosmos Wochenschau

Wer nun die letzte Uhrenkosmos Wochenschau vom 15.1.2024 verpasst hat, dem sei hier geholfen. Es geht um die Millionenstrafe von Rolex, den verhaltenen Start ins Jahr und interessante Uhren wie die Longines Master Collection GMT Gelbgold und Roségold, Chopard Alpine Eagle Cadence 8HF und die geheimnisvolle Rolex Day-Date Wiener Philharmoniker Sonderedition. Hier geht es zum Beitrag.

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