Individualisierungen bei Uhrenklassikern stehen hoch im Kurs. Und damit auch die Möglichkeiten, die ein Modell wie die Jaeger-LeCoultre Reverso gut 90 Jahre nach ihrer Lancierung bietet. Wobei die Armbanduhr oft nur Reverso genannt wird, stand diese Bezeichnung doch bei ihrem Start als alleinige Markenkennzeichnung auf dem Zifferblatt. Auch wenn die Uhrenmanufaktur Jaeger-LeCoultre als Hersteller nicht genannt wurde, hatte die Uhr etwas, was ein langfristig erfolgreiches Produkt immer auszeichnet: Ein klar erkennbares Design und einen eindeutigen Mehrwehrt durch das drehbare Gehäuse. Um diesen Produktvorteil zu verstehen, muss man die Zeit kurz zurückdrehen.
Die Erfindung der Reverso geht auf den Anfang der 1930er Jahre zurück, als eine Gruppe britischer Offiziere, die in Indien stationiert waren, an Jaeger-LeCoultre mit der Bitte herantraten, man möge doch eine belastbare Uhr entwickeln, die selbst den harten Bedingungen eines Polospiels standhalten konnte. Denn allzu oft geschah es, dass das zur damaligen Zeit sehr empfindliche Uhrglas den sportlichen Belastungen und Stößen nicht standhielt und zersprang, bzw. wurden oft noch die extrem empfindlichen Zeiger oder das Uhrwerk in Mitleidenschaft gezogen.
Es galt somit eine Lösung zu finden, die einen mechanischen Schutz der Uhr bot, ohne die Uhr, wie bei frühen Savonette und Halb-Savonette Taschenuhren üblich, in einen Metallcontainer zu stecken oder, wie bei den Militäruhren aus dem I. Weltkrieg üblich, mit gewaltigen Gitterkonstruktionen zu verschandeln.
Reverso
Der Entwurf der ersten Reverso Armbanduhr ging auf César de Trey zurück, der die segensreiche Idee eines schön gestalteten Art Déco Gehäuses mit integriertem Wendemechanismus hatte. Für eine gute technische Ausstattung sorgte dabei das Jaeger-LeCoultre Calibre 478 und schnell wurde die im Jahre 1931 lancierte Reverso zu einem Erfolg. Insbesondere der leicht zu bedienende 180 Grand Wendemechanismus sorgte dafür, dass die Reverso-Uhren einen nicht gekannten Schutz vor Beschädigungen aufwiesen.
Gleichwohl verwandelten sich die Uhren durch einen kurzen Schwenk in eine elegante, hochwertige Armbanduhr, die selbst formalen Anlässen gerecht wurde. Überdies gestalteten viele Reverso Träger bereits nach kurzer Zeit den Metallboden der Reverso mit persönlichen Botschaften oder versahen ihn mit ihren Initialen.
Darüber hinaus erkannten auch viele Juweliere das Potential der Reverso von Jaeger-LeCoultre und ließen Uhren mit ihrem Makennamen herzustellen. Entsprechend lassen sich heute mitunter historische Reverso Armbanduhren ohne Reverso Aufdruck bei Auktionen ersteigern
Relaunch
Mit der Einführung von stabileren Uhrgläsern und einer verbesserten Stoßsicherung verblasste nach und nach der Erfolg und in den 1950er und 1960er Jahren gerieten die Modelle in Vergessenheit. Es war dem italienischen Jaeger-LeCoultre Importeur Giorgo Corvo zu verdanken, dass die Reverso Uhren ein starkes Comeback erlebten. Er entdeckte im Jahre 1972 auf der Suche nach neuen Kaufimpulsen die etwas in Vergessenheit geratene Linie neu und sicherte sich 200 verbliebene Exemplare für den italienischen Markt. Mehr noch – er war in der Lage, diese Uhren in kurzer Zeit erfolgreich an den Mann zu bringen. Dieser Erfolg blieb im Headoffice von Jaeger-LeCoultre nicht verborgen und man besann sich der großen Erfolge.
Der große Relaunch der JLC Reverso erfolgte schließlich im Jahr 1979, als der umtriebige und kreative Uhrenmanager Günter Blümlein auf der Basler Uhrenmesse eine neue Reverso Modellreihe lancierte. Schnell konnte die Uhr an alte Erfolge anknüpfen und die Uhr entwickelte sich bei JLC zu einer tragenden Säule des Erfolgs.
Nun war es jedoch weniger der Aspekt der Robustheit, der zum Verkaufserfolg beitrug. Stattdessen überzeugten das zeitlose Art Déco Design und die vielfältigen Möglichkeiten der individuellen Gestaltung Uhrenliebhaber in aller Welt.
Jaeger-LeCoultre Reverso Gestaltung
Die einfachste Form der Reverso Gestaltung ist die Nutzung des Gehäusebodens für eine Widmung oder ein schön gestaltetes Monogram. Hilfestellung bei der Gestaltung lancierte JLC in 2022 mit der Modellserie Alex Trochut, die sich einer extra für Jaeger-LeCoultre entwickelten, jugendstilnahen Typographie bedient. Wobei natürlich auch eigene Designs möglich sind.
Eher eine technische Lösung ist die Nutzung der zweiten Oberfläche für ein zweites Zifferblatt, eine zweite Zeitzone oder einen Glasboden, der einen Blick ins Werk gestattet. Bei ersterem Ansatz steht die Kombination von eher schlichtem Design mit einer mehr glamourösen Gestaltung, etwa mit Diamantbesatz, hoch im Kurs, lässt sich die Uhr doch durch einen kurzen Schwenk von Alltag auf Event-Modus „tunen“.
Besonders in Asien stehen auch Emailzifferblätter hoch im Kurs. Dabei bietet JLC standardisierte Entwürfe, aber auch aufwändige individuelle, auf Wunsch gestaltete Zifferblätter an.
Welch unglaubliche Möglichkeiten die Reverso Uhren dank ihrer vier Gesichter haben, zeigte die Jaeger-LeCoultre Reverso Hybris Mechanica Calibre 185 Quadriptyque. Diese über 1,6 Millionen Euro teure Uhr vereinte neben der Zeitanzeige 11 zusätzliche Funktionen und bediente sich hierfür aller vier Oberflächen der Uhr.
Ob César de Trey einst geahnt hat, welch unglaubliche Fülle an weiteren Optionen sich bieten, als er seine robuste Uhr für polospielende Engländer erfand?
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