Dreimal 175 Stück in Edelstahl
Etwas beeilen sollten sich Nomos-Fans schon, um ein Exemplar der Nomos Orion neomatik 175 Years Watchmaking Glashütte zu ergattern. Die auf 175 Exemplare limitierte Sonder-Edition zu Ehren von 175 Jahren Glashütter Uhrmacherei dürfte nämlich schnell vergriffen sein. Grundsätzlich ist das Modell zwar nicht neu. Zur Wahl stehen drei verschiedene Gehäusegrößen.
In den Versionen mit 36,4 oder 38,5 Millimetern Durchmesser tickt das natürlich hauseigene Automatikkaliber DUW 3001. Der „Jumbo“ im sächsischen Jubiläums-Trio misst hingegen 40,5 Millimeter. Das hierbei verwendete DUW 6101 ebenfalls mit Rotor-Selbstaufzug füllt die stählerne Schale vollkommen aus. Ausdrucksstarker Beweis dafür ist das Fensterdatum bei „3“. Selbiges reicht fast bis zum Glasrand und besitzt daher eine beachtliche Größe, welche das Erfassern deutlich erleichtert.


Bei allen Varianten dieser Orion-Edition wird das Thema Ablesbarkeit in gewohnter Weise großgeschrieben. Die drei thermisch gebläuten Zeiger für Stunden, Minuten und Sekunden bilden einen starken Kontrast zum ausgesprochen schlicht gestalteten Zifferblatt mit applizierten goldfarbenen und gewölbten Strichindexen.

Wer genau hinsieht und die Nomos Zifferblatt-Philosophie kennt, entdeckt den kleinen, aber doch bemerkenswerten Unterschied dieser Armbanduhren zum Gewohnten: Das kreisrunde Feld für die kleine Sekunde ist diesmal nicht vertieft angebracht, sondern es befindet sich auf einer Ebene. Und genau das bewirkt bei diesem Glashütter Klassiker, dessen Name an das augenfällige Sternbild am Himmelsäquator erinnert, ganz spontan einen erfrischend anderen Eindruck.

Das minimal gewölbte Saphirglas erweckt den Eindruck eines ebenfalls leicht bombierten Zifferblatts. Ein solches verbaut Nomos allerdings nicht. Wie üblich, passen die Längen und Proportionen der Zeiger und Zifferblattindexe so perfekt zusammen, dass es nichts zu kritisieren gibt.

Nomos Orion neomatik 175
Für welches der drei Modelle jeweils bis drei bar wasserdichten man sich entscheidet, ist sicher zunächst einmal eine Frage des persönlichen Handgelenks. Einstmals waren jene 36,4 Millimeter, welche die kleinste, insgesamt 8,5 Millimeter hoch bauende Orion neomatik Referenz 395.S1 misst, ein sogar recht üppiges Maß für Herrenuhren.

Ihr Gehäusedurchmesser übertrifft jenen der 1964-er Glashütte Spezimatic, an deren Design die Nomos Orion erinnert, um 1,4 Millimeter. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt hier bei EUR 3.040.

Als echtes Unisex-Modell kann die 38,5 Millimeter große Orion neomatik 39, Referenz 345.S1, mit kleiner Sekunde gelten. Am Handgelenk trägt die für 3.150 Euro erhältliche Armbanduhr insgesamt 8,7 Millimeter auf.

Mein persönlicher Favorit ist und bleibt jedoch die Orion neomatik 41 Datum. Wie ihre unlimitierte Schwester mit silberfarbenem Zifferblatt ist sie für 3.500 Euro wohlfeil.

Einen Limitierungs-Zuschlag erhebt Nomos also fairer Weise nicht. Angesichts der verlangten Preise kann man getrost von einem guten Investment sprechen. Ob das über kurz oder lang das aktuelle Sekundärmarkt-Preisniveau der ebenfalls auf jeweils 175 Stück beschränkten Nomos Lambda 175 Years Watchmaking Glashütte erreicht wird, lässt sich gegenwärtig nicht absehen. Für diese Handaufzugs-Armbanduhr mit markanter Gangreserveanzeige, über die der Uhrenkosmos hier ausführlich berichtete, zahlen Sammler mittlerweile in der Regel einige Tausender mehr, als sie 2020 ganz offiziell kostete. Und das waren 5.800 Euro.

Durch ihren gestalterischen Minimalismus wendet sich die Nomos Orion ganz generell und diese Ausführung im Besonderen an echte Zeit-Puristen. Optisches Aufsehen kann und wird man damit nicht erregen. Aber wegen der zurückhaltenden Ausstrahlung gepaart mit flacher Bauweise fühlt sich diese sächsische Dresswatch im Büro ebenso wohl wie im Restaurant oder Theater.

Sächsische Manufaktur-Mechanik
Wer bereit ist, mehr als 3.000 Euro für optisch vordergründig wenig Spektakulären auszugeben, bekommt gleichermaßen feine wie präzise sächsische Manufaktur-Mechanik, welche sich beim Blick durch den Saphirglas-Sichtboden zeigt. Die beiden Modelle ohne Datumsanzeige bringen das 2015 lancierte Automatikkaliber DUW 3001 an den Unterarm.
Die drei Buchstaben stehen für Deutsche Uhren Werke. Kennern signalisieren sie, dass den Zeittakt das hauseigene Schwing- und Hemmungssystem liefert. Bei 28,8 mm Durchmesser baut es lediglich 3,2 Millimeter hoch. Jedes Exemplar mit Glashütter Dreiviertelplatine und zentral angeordnetem Kugellagerrotor besteht aus 157 Komponenten. Die Polarisierung der Rotorbewegungen geschieht mit Hilfe eines Doppelklinkenrads. Dank seiner Existenz beträgt der Verlust bei Drehrichtungswechsel nur zehn Bogengrade.
Eine Stunde kontinuierlicher Bewegung reichen zum Aufbau von 22 Stunden Gangautonomie. Per Schwenk-Wippe erfolgt die Entkoppelung der Automatik vom Handaufzug. Quasi ausgeschlossen sind das Überspannen und Abreißen der Zugfeder. Bei Vollaufzug arretiert die Schwungmasse unverzüglich. Danach kommt der sächsische Mikrokosmos mit drei Hertz Unruhfrequenz und blauer Unruhspirale rund 42 Stunden ohne erneuten Energienachschub aus.

Automatik mit innovativer Datumsanzeige
Auf diesem Uhrwerk basiert das DUW 6101 in der Orion neomatik 41 Datum. Rotorseitig sind bei oberflächlicher Betrachtung kaum Unterschiede festzustellen. Das DUW 6101 verfügt über eine erhaben beschriftete Schwungmasse. Außerdem beträgt der Durchmesser 35,2 Millimeter. 188 Komponenten, also 31 mehr braucht es zur Montage eines dieser Uhrwerke.
Wegen der selbst entwickelten und besonders flach ausgeführten Datumsmechanik wächst die Höhe gerade einmal um 0,4 Millimeter. Gleichwohl hat sie es technisch in sich. Analog zum Aufzugsrotor wirkt auch sie bidirektional, was das Einstellen des Fensterdatums (hier erfahren Sie, wie es zur Erfindung des Fensterdatums durch Rolex kam) nach längerem Liegen beträchtlich erleichtert. Im Gegensatz zu einseitig wirkenden Ausführungen ist höchstens ein halber Monat händisch zu überwinden.

Bis zum 15. bewegt man den Datumsring mit der halb gezogenen Krone ggf. rückwärts. Danach dreht man ihn nach vorne. Möglich macht’s eine ausgeklügelte Programmscheibe. Dieses platzsparende Bauteil ähnelt einem Dreieck mit geschwungenen Kanten und kooperiert mit einem kleineren Datumsrad bei „10“.

Letzteres rotiert während 24 Stunden vier Mal um seine Achse, lässt den großzügig dimensionierten Datumsring trotzdem aber nur um eine Position weiterwandern. Der Mehrpreis für die Nomos Orion neomatik 41 Datum ist also technisch und uhrmacherischer Hinsicht vollauf gerechtfertigt. Deshalb ist die Referenz 365.S1 für 3.500 Euro definitiv mein Favorit. Sie passt vorzüglich an mein recht breites Handgelenk.


Mit der Sekunde so sehr weit vom Rand entfernt ist die Uhr auf gut Deutsch gesagt leider potthaesslich. Das passiert eben, wenn man ein zu kleines Uhrwerk in ein zu grosses Gehaeuse baut und sich nicht um Proporzionen schert. Mit Zentralsekunde waere sie sofort ein Klassiker oder aber auch als elegante zwei Zeiger Uhr ohne Sekunde…
Für Ihren Einwand gibt es durchaus Beweggründe, aber die Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters. Entsprechend erfolgt die Abstimmung über den Erfolg oder Misserfolg einer Uhr durch das Echo der Kunden und ihre Kaufbereitschaft.
🙂
Es ist verwunderlich, dass die angepriesene, limitierte Sonderedition (auch die 365.S1) noch überall erhältlich ist. Offensichtlich macht sich der Preis- (=Nachfrage)-Einbruch bei hochwertigen Uhren mittlerweile auch bei Nomos bemerkbar.