Ode ans Zifferblatt
Nur 20 Exemplare der MeisterSinger Singularis Emaille Edition wird es geben. Diese Armbanduhr besitzt ein klassisch weißes Emailzifferblatt, welches sofort ins Auge sticht. Im Zusammenhang mit dem Zifferblatt, dem „Gesicht“ der Uhr“ nennen Leute, die es von Berufs wegen wissen müssen, gerne die Zahl 80. Erfahrene Uhr-Designer wissen nur zu gut, dass Zifferblätter den optischen Auftritt bis zu 80 Prozent beeinflussen. Die Zahl kommt natürlich nicht von ungefähr. Sie errechnet sich aus den von vorne sichtbaren Flächen der Gehäuseschale und eben des Zifferblatts.

Folglich spielt die Scheibe, vor der Zeiger unentwegt ihre Runden drehen, bei der Gestaltung von Zeitmessern eine extrem wichtige Rolle. Damit aus vielen Faktoren ein stimmiges Ensemble entsteht, wollen Material, Farbe, Oberflächenstruktur, Indexe und Druck genau überlegt sein. Hinzu gesellen sich die Proportionen im Zusammenspiel mit den Zeigern und letztlich auch dem Gehäuse. Harmonie ist angesagt, denn Männer blicken im Laufe des Tages öfter aufs Zifferblatt ihrer Armbanduhr als in den Spiegel. Bei manchen Frauen liegen die Dinge möglicher etwas anders.

In der Hitze geborene Schönheit
Auf die Technik des Emaillierens verstanden sich schon Menschen im alten Ägypten. Bei Uhren bestanden Zifferblätter noch bis ins frühe 17. Jahrhundert vorwiegend aus Metall. Erst gegen 1720 erhielten in Paris und Wien ganze Zifferblätter eine Oberfläche aus Emaille oder Email. Dahinter verbirgt sich farbiger Glasfluss auf Metall, der diesem als Schutz oder Zierde dient. Chemisch besteht Email aus Sonderglas. Mit Antimonaten, Zirkonoxid oder Titandioxid färbt man es weiß, mit Kobaltoxid, Chromoxid oder anderen Farbstoffen bunt ein. Der Herstellungsprozess beginnt mit dem Schmelzen von Glas bei 1200 Grad Celsius und dem Abschrecken der Masse. Nach dem Mahlen der auf diese Weise erzeugten Körner zusammen mit Färbemitteln wird das Pulver entweder aufgesiebt oder mit Wasser und Pflanzenleim zu einem Brei angerührt.





Die Erst-Emaillierung beider Seiten wirkt den zwangläufig entstehenden Oberflächenspannungen beim metallenen Träger während des Brennens bei 800 bis 900 Grad Celsius entgegen. Fachleute sprechen hier von der so genannten Contre-Emaille. Weitere Email-Aufträge mit anschließendem Brennen erfolgen hingegen nur noch auf der dem Betrachter zugewandten Seite. Das geschieht so lange, bis eine ebenmäßige und glänzende Oberfläche entstanden ist.

Vorsicht heißt die Mutter der Porzellankiste
Ungefährlich ist dieses aufwändige Prozedere der Herstellunge eines Email-Zifferblatts keineswegs. Bis zu fünfzig Prozent kann die Ausschussquote betragen. Nach dem letzten Brennvorgang muss der aus technischen Gründen vorher leicht bombierte Rohling samt Emailauftrag zum richtigen Zeitpunkt wieder flach gerichtet werden. Um dem Druck des Werkzeugs zu widerstehen, muss das Email einerseits schon hinreichend hart geworden, zum anderen aber noch so flexibel sein, dass die Schritt für Schritt aufgebrachten Schichten keinen Bruch- oder Splitter-Schaden erleiden.


Auf ihre endgültige Bestimmung als Zifferblatt lassen diese Scheiben nur schwerlich schließen. Noch fehlen die Indexe, Skalen, Signaturen und die Löcher. Das Bedrucken mit Gummistempeln geschieht wie bei metallenen Pendants. Viel Gefühl und scharf geschliffene Bohrer verlangt das Anbringen von Löchern. Zu viel Druck kann winzige Material-Absprengungen oder das Brechen des ganzen Zifferblatts bewirken.
Fingerspitzengefühl erfordert schließlich auch das finale Zurechtschleifen auf den richtigen Durchmesser. Übrigens heißt es genau hinschauen. Denn Kalt-Email kommt echtem, gebrannten Email optisch verblüffend nahe. Hierbei findet eingefärbtes Kunstharz Verwendung, welches ohne Ofenhitze aushärtet.

MeisterSinger Singularis Emaille
Wer meint, Metall-Zifferblätter lassen sich ohne weiteres durch solche mit Emailbeschichtung ersetzen, irrt gewaltig. Letztere sind naturgemäß geringfügig dicker, was ein höheres Zeigerwerk bedingt und die Kosten zusätzlich treibt. Besagte Veränderung am Zeigerwerk musste MeisterSinger auch beim Kaliber MSH01 vornehmen, um die auf nur 20 Stück limitierte Edition Singularis Emaille aus der Taufe zu heben. Die Genese dieses außergewöhnlich geformten Handaufzugswerks mit zwei seriell geschalteten Federhäusern und fünf Tagen Gangautonomie hat der Uhrenkosmos bei einer ausführlichen Besprechung des Kalibers hier ausführlich beschrieben.

Die exklusive Mechanik tickt mit vier Hertz im charakteristischen, 43 Millimeter messenden Sichtboden-Stahlgehäuse. Vor ihrem Emailblatt dreht selbstverständlich nur ein einziger Zeiger alle zwölf Stunden um 360 Grad. Speziell aus Stahl geformt, äußerst schlank und durch Hitze gebläut sorgt er für Entschleunigung in unserer schnelllebigen Zeit. Seine Länge ist exakt abgestimmt auf die Minuterie des Zifferblatts. Dieses kunstvoll gestaltete Ensemble erinnert in besonderer Weise an jene lang zurückliegende Epoche, als Abraham-Louis Breguet seine schnörkellose Montre Souscription lancierte. Deren Kennzeichen war ein Zifferblatt aus weißem Email und dazu nur ein Stundenzeiger.
Wer eine der raren MeisterSinger Ikonen sein Eigen nennen möchte, muss sich noch ein wenig gedulden. Voraussichtlich erst Ende des Jahres 2022 oder sogar Anfang 2023 werden sich die 20 Singularis Emaille mit braunem Rindslederband für jeweils unverbindliche 6.490 Euro erwerben lassen. Das ist deutlich mehr, als eine Singularis mit Metallblatt kostet. Aber letztendlich macht sich das Investment aber doch bezahlt, denn bei sachgemäßer Behandlung währt die grazile Pracht feinen Emails beinahe ewig. Somit taugt diese Armbanduhr vorzüglich zum Vererben an die nächsten Generationen.

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