
Ein Geschäft und seine Konsequenzen
Sofern die Tiffany-Aktionäre zustimmen, wird der französische Luxusmulti LVMH die bedeutendste und kostspieligste Firmenübernahme seiner Geschichte tätigen. Bis zum Closing des Mega-Deals dürfte sich das komplette Abwicklungs-Prozedere allerdings noch bis Mitte 2020 hinziehen. In puncto Umsatz bei Schmuck und Accessoires ist Tiffany mit 4,442 Milliarden Umsatz von bemerkenswerter Größe. Uhren mit dieser Signatur spielen dabei jedoch eine untergeordnete Rolle.Bei der LVMH Gruppe ergänzt Tiffany das u.a. aus Bulgari, Chaumet, Hublot, TAG Heuer und Zenith bestehende Portfolio. Mit dem Erwerb dürfte der LVMH-Umsatz auf diesem Gebiet von rund derzeit vier auf künftig schätzungsweise über acht Milliarden Euro klettern. Und damit setzt sich das Unternehmen künftig vor die deutlich breiter aufgestellte Richemont-Gruppe mit ihren Maisons A. Lange & Söhne, Baume & Mercier, Cartier, IWC, Jaeger-LeCoultre, Montblanc, Panerai, Roger Dubuis, Van Cleef & Arpels und Vacheron Constantin.
Trotz dieser beeinruckenden Zahlen ist jedoch wichtig zu wissen, dass hinter Tiffany & Co. und seinen rund 14.000 Angestellten, bzw. rund 300 Tiffany-Verkaufspunkten rund um den Globus durchaus schwierige Jahre liegen.

Von der einstigen „Frühstück bei Tiffany“-Faszination ist überdies nur noch relativ wenig zu spüren. Bei der jüngeren Zielgruppe gelten Marke und Produkte mittlerweile als etwas verstaubt und wenig sexy. Somit gibt es recht viel zu tun für die Mannschaft um LVMH-Mehrheitsaktionär Bernard Arnault. Das diese jedoch über das notwendige Wissen wie die entsprechende Erfahrung verfügen, haben sie bereits bei einigen in die LVMH Gruppe integrierten Marken bestens bewiesen.
Wir sind glücklich, Tiffany in der LVMH-Familie zu empfangen.

Die Anfänge von Tiffany & Co
Als Charles Lewis Tiffany und sein Freund John P. Young 1837 in New York einen Laden für Schreibwaren und Geschenkartikel eröffnen wollten, mussten sie sich von Tiffanys Vater 1.000 Dollar leihen. Am ersten Tag setzten sie am Lower Broadway gerade einmal 4.98 Dollar um. Die Fragenzeichen waren jedoch schnell verflogen un danach ging es steil aufwärts. Trotz massiver Finanzkrise konnte der 25-Jährige Geschäftsmann mit französischen Accessoires und Raritäten, bronzenen Kuriositäten aus Indien und chinesischem Porzellan schnell punkten.Seine Waren kaufte Tiffany zum Teil von Schiffskapitänen in den Häfen von New York und Boston. Die kontinuierliche Ausweitung des Sortiments um Silberwaren, Schmuck und Uhren ließ das Geschäft kontinuierlich wachsen. Ab 1845 zählte auch Norbert Antoine de Patek das Haus Tiffany zu seinen Kunden. Im Laufe der Jahre entwickelte es sich sogar zu einem der wichtigsten Abnehmer in der Neuen Welt.

1861 installierten Tiffany in Genf ein eigenes Büro, 1872 sogar eine eigene Uhrenproduktion. Hierfür kooperierten die Amerikaner mit namhaften Rohwerkekersteller wie zum Beispiel C.H. Meylan aud dem vallée de Joux. Vier Jahre später wurde dieses Unternehmen jedoch wieder aufgegeben. Fortan stammten die in New York verkauften Taschenuhren primär von Patek Philippe. Nach der Jahrhundertwende listete Tiffany auch chronometrische Erzeugnisse anderer eidgenössischer Fabrikanten, darunter beispielsweise Audemars Piguet.


Tiffany Armbanduhr als Geschenk für US-Präsident Franklin D. Roosevelt
Tiffany im 20. und 21. Jahrhundert
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt Tiffany & Co. als weltweit bedeutendster Juwelier. Als Charles Lewis Tiffany 1902 im Alter von 90 Jahren starb, schlossen Geschäfte zu seinen Ehren und „The Financial Record“ pries den Hingeschiedenen als eine der „bedeutendsten Personen des öffentlichen Lebens und bemerkenswertesten Persönlichkeiten seiner Zeit“. Seinen Erben hinterließ der Selfmademan ein sagenhaftes Vermögen von 35 Millionen Dollar. 1940 verlegte Tiffany sein Firmensitz in ein markanten Gebäude Cross & Cross, 5th Avenue, Ecke 57. Straße. Spätestens durch das berühmte „Frühstück bei Tiffany“ bekamen ab 1961 auch weniger betuchte Menschen etwas vom Flair des Hauses an New Yorks legendärer Fifth Avenue zu spüren.
Tiffany „Streamerica“ Armbanduhr, lanciert 1990
1984 gelangte Tiffany & Co. unter das Dach der Investcorp, die das Unternehmen drei Jahre später sukzessive an die Börse brachte.
Nach einer kostspieligen fehlgeschlagenen Uhren-Kooperation mit der Swatch Group meldete sich Tiffany & Co. 2015 zurück mit eigenen chronometrischen Kreationen namens CT60. Sie erinnern an Charles Lewis Tiffany, den legendären Firmengründer und Erfinder der New Yorker Minute.

2015: Tiffany „CT60 East-West“, Quarzwerk
Gegenwärtig beschäftigen die Amerikaner rund 14.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2010 kletterte der Umsatz kontinuierlich von 2,709 auf 4,442 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018.
Einige Meilensteine in der Firmengeschichte
1853 installierte Charles Lewis Tiffany über dem Eingang seines Geschäfts eine der ersten öffentlichen Uhren New Yorks. Der Zeitmesser symbolisierte das rastlose Leben in der Metropole und initiierte die berühmte New Yorker Minute.
1854: Tiffany geht eine Partnerschaft mit Patek, Philippe & Co., Genf, ein. Eröffnung eines Ateliers in Genf.
1868: Tiffany stellt den „Tiffany Timer“ vor, die erste amerikanische Taschenuhr mit Chronograph.

1874 eröffnet Tiffany eine Fabrik an der Genfer Place Cornavin.
1945: U.S. Präsident Franklin Delano Roosevelt erhält zum Geburtstag eine Tiffany Armbanduhr, welche er während der berühmten Jalta-Konferenz trägt.

1974 präsentiert Tiffany eine ultraflache Skelettuhr, die man selbst als flachste ihrer Art titulierte.
1983: Das Design der neuen Atlas Armbanduhr ist von der New Yorker Atlas Fassadenuhr inspiriert.

1993 lancierte Tiffany unter der Ägide des damaligen Vizepräsidenten John Loring die von ihm selbst gestaltete stromlinienförmige “Streamerica“, welche an das amerikanische Industriedesign der 1930-er Jahre erinnert.
2007 unterzeichneten Michael J. Kowalski, CEO von Tiffany & Co., und Nicolas G. Hayek den Vertrag für eine strategische Uhren-Allianz.
2011 scheiterte dieser Vertrag.
Am 22. Dezember 2013 verurteilte das holländische Schiedsgericht NAI (Netherlands Arbitration Institute) Tiffany & Co. zur Zahlung von 402 Millionen Schweizerfranken Schadenersatz an die Swatch Group wegen entgangener Gewinne.
4. März 2015: Das erstinstanzliche ordentliche Gericht in Amsterdam hebt den Schiedsspruch vom 21.12.2013 aus formalen Gründen auf. Der Casus ging in die nächste Instanz, also zum obersten Gerichtshof der Niederlande.
Dort endete der Rechtsstreit 2018 unwiderruflich zu Gunsten der Eidgenossen.
29. November 2019: LVMH übernimmt Tiffany & Co.
0 Kommentare