Die Anfänge im Dreiländereck
Er lebte irgendwo in den Vereinigten Staaten von Amerika, jener Herr Marvin, dessen Vorname leider unbekannt geblieben ist. Überliefert ist jedoch zum einen die sehr ungewöhnliche Marvin Gyroplan Armbanduhr und dass besagter Herr Marvin ein guter Kunde der Uhrenhersteller Marc und Emmanuel Didisheim war.
Die Familie stammte ursprünglich aus Allschwil, in der Nähe von Basel. Ende des 17. Jahrhunderts ging es nach Hegenheim im Elsass. Überliefert sind die Namen Diedesheim, Diedisheim, Didisheim, mitunter gar Ditisheim. Da die Gebrüder Grimm noch nicht geboren waren, nahm man es in diesen Zeiten mit der Rechtschreibung noch nicht so genau. Um Genauigkeit ging es jedoch bei den Uhren. Genauer gesagt ging es der Familie Didisheim bei der im Elsass aufgenommenen Tätigkeit – der Reparatur, der Herstellung und dem Handel mit Uhren.
Ein weiter großer Schritt erfolgte im 19. Jahrhundert. Ab dem Jahre 1850 lässt sich das Wirken der Familie Didisheim in einem Uhrengeschäft in Saint Imier belegen. Und zwar zunächst als Inhaber eines Uhrencomptoirs. Diese Makler- und Reparaturtätigkeit gestattete den verhältnismäßig risikolosen Einstieg ins freie Unternehmertum ohne größeres Eigenkapital. Offenbar war ihre Tätigkeit jedoch von außerordentlichem Erfolg begleitet, denn im Jahr 1854 fingen sie im größeren Stil mit der eigenen Herstellung von Uhren an. Im Jahr 1891 übernahmen die Söhne von Marc Didisheim, Henri-Albert, Charles, Edgar, Hyppolite and Bernard die Firma. Nur Emmanuel Didisheim hatte keine Kinder. So auch zahlenmäßig gestärkt, stand dem weiteren Wachstum nichts im Wege.
Von Didisheim zur Marvin Gyroplan Watch
1894 zog der Betrieb in das rund 20 Kilometer entfernt gelegene Zentrum der Uhrenindustrie La Chaux-de-Fonds um. Dort entstanden in erster Linie Zeitmesser mit kleinen Handaufzugswerken. Armbanduhren gelangten erst zu Beginn des 20. Jahrhundert in die Kataloge. Meist Modelle ohne zugkräftige Signatur, welche jenseits des großen Teichs relativ viele Abnehmer fanden.
Einer dieser Abnehmer war jener obengenannte Mr. Marvin. Der störte sich am unsignierten Auftritt und bot deshalb den eidgenössischen Geschäftspartnern an, seinen Namen zu nutzen. Bekanntlich sind gute, zahlungskräftige Kunden König und der Erfolg gibt Recht. Gegen 1920 hieß auf alle Fälle die gesamte Firma Marvin Watch. Offenbar war der Name so erfolgreich, dass noch heute ein gleichnamiges Uhrenunternehmen existiert. Jedoch ohne Uhren-Mutterhaus in der Schweiz.
Von sich reden machte dieser junge Name mit älterer Geschichte durch interessante Modelle. Zur Palette gehörte in den späten 1930-er Jahren ein rechteckiges Handaufzugs-Modell namens Marvin Gyroplan. Es folgte dem Trend jener Epoche, Kaufanreize durch eine kreative, andersartige Zeitanzeige zu schaffen. Anstelle der Zeiger auf dem Zifferblatt drehen bei diesem Modell zwei Scheiben: Eine innere, in Grau gehalten mit weißem Pfeil für die Minuten sowie für die Stunden eine nur als weißer Ring erscheinende Indikation mit schwarzem Pfeil.
Im Gehäuseinneren tickt das schlanke, 15-steiniges Kaliber 200 mit bimetallischer Kompensationsunruh. Damals offerierte Marvin seine Gyroplan auch in anderen Zifferblattvarianten und mit unterschiedlicher Gestaltung der Indikation.
Auf alle Fälle eine interessante Lösung, die auch heute noch Sammlern ausnehmend gut gefällt.
Hersteller: Marvin, La Chaux-de-Fonds
Modell: Gyroplan
Herstellungsjahr: Ende der 1930-er Jahre
Uhrwerk: Kaliber 200, 7 x 11″‘ (15,8 x 24,8 mm), 15 Steine,
Kompensations-Schraubenunruh, Flachspirale, 18.000 A/h
Gehäuse: vernickeltes Metall, Stahlboden
Zifferblatt: bedrucktes Metall, Zeitanzeige mittels Scheiben
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