Für so manchen Zeit-Genossen sind Marken und Namen nichts als Schall und Rauch. Diese Menschen haben sicher auch noch nie von der besonderen Qualität von Patek Philippe Uhrwerken gehört. Geschweige denn von der alten Juwelierskette Bailey, Banks & Biddle in den USA. Andere Menschen wiederum betonen die Wichtigkeit des Namens und der schnellen Zuordnung. In der Uhrenbranche dachte man von hundert Jahren ähnlich kontrovers. Zifferblatt-Signaturen existierten durchaus, waren aber keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Viele Uhren, darunter auch sehr hochwertige Exemplare, besaßen zunächst überhaupt keine Zifferblatt-Aufschrift oder einen Markenschriftzug. Mitunter trugen sie auch den Namen oder das Emblem von Juwelieren oder Fachhändlern.
Ähnlich verhielt es sich mit der Kennzeichnung von Uhrwerken und Gehäusen. Zur Umgehung hoher Importzölle für fertige Uhren wurden die identifizierenden Kennzeichnungen oftmals erst im Bestimmungsland angebracht. Oft nach den Plänen des Schweizer Werkelieferanten, mitunter aber auch sehr willkürlich. In diesen Fällen gestaltet sich heute der Identifikationsprozess besonders schwierig. Dann lässt sich diese Provenienz nur mit profunden Insiderwissen anhand von Punzen, Patentnummern oder spezifischen Konstruktionsmerkmalen ermitteln.
Eine kleine Hilfe dabei ist dabei das Markenregister des Eidgenössischen Amts für geistiges Eigentum. Es hat oft hilfreiche Hinweise und Informationen, wer sich hinter welcher Zifferblatt- oder Handelsmarke verbirgt.
Philadelphia, so viel weiß man noch aus dem Erdkundeunterricht, liegt südlich von New York. Dort hatte der amerikanische Kongress zur Hundertjahrfeier der Unabhängigkeit 1876 eine Weltausstellung organisiert. Unter anderen gab es auch Zeitmesser zu sehen. Allerdings waren Armbanduhren oder Patek Philippe Uhrwerke damals noch kein weltbewegendes Thema, es ging einfach darum, die Zeit zu kennen.
Von größerer Bedeutung in dieser Stadt war jedoch das Haus Bailey, Banks & Biddle. Es gehörte zu den anerkannten Händlern für hochwertige Uhren und feine Juwelen. Der Ruhm dieses Hauses ging jedoch über die Stadtgrenzen hinaus, nachdem es eine landesweit erfolgreiche Gedenkmünze anlässlich des tödlichen Attentats auf Präsident Lincoln herausgegeben hatte. Entsprechend hatte der Namenszug Gewicht.
Die Signatur von Bailey, Banks & Biddle findet sich auch auf dem hier vorgestellten, jedoch nicht ganz einwandfreien Emailzifferblatt einer kleinen Silber-Armbanduhr. Nach dem Öffnen des markenlosen, unsignierten Gehäuses mit defektem Bodenscharnier zeigt sich indes ein hochwertiges Handaufzugswerk mit dem gleichen Schriftzug. Aufklärung gibt der Blick durch die Lupe. Er zeigt schnell die sehr gute Schweizer Herkunft: Genfer Streifen, wolfsverzahnte Aufzugsräder, bimetallische Unruh sowie ein ovales Stahlplättchen, unter dem das Spiralklötzchen in einem Schlitz des Unruhklobens mit Hilfe zweier Schrauben festgehalten wird.
Spätestens jetzt hilft detailliertes Wissen und eine Portion Erfahrung. Denn der Mechanik-Lieferant war niemand anderes als Patek Philippe. Als Lieferdatum nennen die Archive den 20. März 1891. Hingegen stammt aktuelle die Silberschale mit zwei Böden nicht von der altehrwürdigen Schweizer Manufaktur. Sie entstand womöglich erst in der Zeit des Ersten Weltkriegs und ersetzte das ursprüngliche kleine Goldgehäuse.
Patek Philippe Uhrwerke
Hersteller (Werk): Patek Philippe, Genf, für Bailey, Banks & Biddle, Philadelphia
Modell: Handaufzug
Herstellungsjahr (Werk): 1891
Uhrwerk: Kaliber 12 A> (Durchmesser 27 mm), 17 Steine, bimetallische Schraubenunruh, Flachspirale, wolfsverzahnte Aufzugsräder
Gehäuse: Silber 925, Scharnierboden und -cuvette, Durchmesser 34 mm
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