Blau ist nicht gleich Blau
Wenn Lapo Elkann in Italien eine neue Kooperation, ein neues Design oder ein neues Produkt wie das der Hublot Classic Fusion Garage Italia bekanntgibt, ist ihm die Aufmerksamkeit gewiss. Insbesondere, da für viele Italiener die Uhrenmarke Hublot immer noch ein bisschen italienisch ist.
Wir haben hierzu Carlo Borromeo, den Kreativdirektor von Garage Italia und Enrico Vitali, CEO gefragt, ob sie uns ein bisschen zur Entstehung und Umsetzung der Hublot Classic Fusion Garage Italia erzählen könnte.
Uns haben einige der Antworten überrascht.
Uhrenkosmos: Lieber Herr Borromeo, wie kam es zur Hublot Classic Fusion Garage Italia, dieser, nennen wir es ruhig, sehr prägnanten, farblich auffallenden Uhr und ihrem Design?
Carlo Borromeo: Nicht zuletzt deshalb steckt Blau tief in der Identität der Garage Italia. Wenn man sich hier im Gebäude an der Mailänder Piazzale Accursio umsieht, wird man nichts Schwarzes entdecken. Alles hier ist in einem mehr oder minder dunklen Blau gehalten. Italiener werden oft mit hellblau in Verbindung gebracht, man könnte auch sagen Babyblau. Wir nennen es auch Azzuro Volare. Diese Farbe steht in Italien für Eleganz. Nicht das Schwarze. Blau ist so etwas wie eine Attitüde.
Kam der Impuls zum Blau von Lapo?
Absolut ja, Die Garage Italia wurde von Lapo Elkann erschaffen. Deshalb steckt viel von seiner Identität in der vor ungefähr fünf Jahren gegründeten Firma. Ihre Wurzeln sind sehr eng verknüpft mit der Identität von Lapo Elkann und seiner Einstellung zum Leben. Viel von dem, was wir hier bei der Garage Italia machen, ist das Spiel mit den Farben. Wir wollen demonstrieren, dass wir Exzellenz darin besitzen, verschiedene Farben, in diesem Fall Blau perfekt und harmonisch zu kombinieren.
Wie viele Blautöne gibt es denn?
Zahllose
Die neue Armbanduhr Hublot Classic Fusion Garage Italia bringt es zumindest auf vier verschiedene Blautöne?
Denn zwei wären definitiv zu einfach für uns gewesen. Zwei Farben kann jeder zusammenmixen,
Aber auch zwei Farben müssen zusammenpassen.
Natürlich, ja. Aber das ist leicht. Ganz anders sieht es bei vier aus. Aber an dieser Uhr faszinieren ja nicht nur die Farben, sondern auch die verschiedenen Materialien. Wir haben Keramik, Kautschuk und Metall, in diesem Fall Titan. Hinzu gesellt sich die Kombination unterschiedlicher Texturen.
Wie lange haben Sie an dieser Kreation gearbeitet? Waren Computer beteiligt, um die verschiedenen Blautöne aufeinander abzustimmen?
Wir begannen selbstverständlich mit einem Computer, denn das ist die einfachste Übung. Aber dann beginnt die weitaus schwierigere Transformation von der digitalen in die reale Welt. Das dreidimensionale Objekt reagiert auf Licht. Heute können wir uns glücklich schätzen. Grauer Himmel verhält sich neutral. Aber wenn man starke Sonneneinstrahlung hat oder einen Sonnenuntergang, dann verändern sich die Farben total. Daher arbeiten wir auf beiden Ebenen: erst digital und dann am Objekt, um das Spiel der Farben bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen und bei Bewegungen zu erleben.
Handelt es sich um standardisierte Pantone-Farbtöne oder haben Sie die Farben neu erschaffen?
Es handelt sich um neue Farben, die unter anderem vom Leder herrühren. Wenn Sie wollen, können wir für Sie eine eigene Farbe erschaffen. Ganz nach Ihren Wünschen. Und diese Farbe können Sie dann auch für sich schützen lassen. Sie gehört Ihnen.
Was gibt es zu den Blautönen der Uhr zu sagen?
Hier haben wir uns bei der Hublot Classic Fusion Garage Italia von einem neuen Auto der Garage Italia inspirieren lassen. Und diese Farben haben wir dann weiterentwickelt.
Bei Autos besitzen Farben einen Namen. Ist das auch bei der Uhr der Fall?
Intern ja, nach außen jedoch nicht.
Farben auftragen ist eine Sache, durchfärben von Materialien eine andere. Das Gehäuse und Glasrand der Armbanduhr bestehen aus durchgefärbter Keramik.
Der härteste Teil unserer Arbeit bestand im wahrsten Wortsinn in der Keramik. Das ist ein schwieriger Werkstoff, der ja keine Pigmente hat. Man muss immer antizipieren, was sich tut. Beim Brennen verändert sich ja bekanntlich die Farbe. Hier muss man wirklich experimentieren, um am Ende den richtigen Farbton zu bekommen.
Hier dürfte Ihnen die breit gefächerte Materialkompetenz von Hublot sehr geholfen haben?
Genau. Ohne die wäre das ganze Projekt völlig unmöglich gewesen. Durch unsere Verbindung zur Autoindustrie besitzen wir viel Erfahrung im Umgang mit Farbe, beispielsweise mit Galvanik. Aber Keramik ist wirklich etwas ganz Besonderes. Daher wir die Zusammenarbeit mit Hublot eine unverzichtbare Voraussetzung für dieses Projekt.
Zur matten Oberfläche des Glasrands gesellen sich ja auch glänzende Oberflächen
Das Zifferblatt ist blau metallisiert. Und das war sehr wichtig für uns. Kein Schwarz.
Das Logo der Garage Italia sticht durch seinen silbrigen Glanz förmlich ins Auge
Das kann man so sagen. Man kennt so etwas von den Aufklebern auf alten Autos. Wie haben es auf die Garage Italia übertragen. Und am Zifferblatt tritt das Logo auch noch dreidimensional in Erscheinung, was den Effekt beträchtlich steigert.
Passend dazu bestehen die Drücker aus poliertem Titan.
Wir wollten eine Armbanduhr, die einerseits klassisch in Erscheinung tritt. Deshalb haben wir uns für die Classic Fusion von Hublot entschieden und nicht für die deutlich markantere Big Bang. In diesem Zusammenhang wollten wir auch den dazu gehörigen Stahl-Effekt. Weil Hublot nicht mit Stahl arbeitet, mussten wir Titan zum Glänzen bringen. Und das ist alles andere als einfach. Aber zum Glück kooperieren wir mit den Besten. Dann geht so etwas.
Für Italia Independent, die andere Firma von Lapo Elkann sind ja auch schon spezielle Big Bang-Modelle erschienen.
Ja, aber die Garage Italia hat einen etwas anderen Anspruch. Daher wollten wir uns ganz bewusst absetzen. Und das ist der Grund für die Wahl dieses Uhrenmodells. Die Classic Fusion passte perfekt für das Erstlingswerk dieser Zusammenarbeit. In der Zukunft werden viele weitere Modelle kommen. Wir haben einige Ideen, das kann ich ihnen schon jetzt sagen. Aber jetzt wollten wir wirklich mit etwas starten, das die Garage Italia perfekt repräsentiert.
Sprechen wir noch über die Größe der Uhr. Würden Sie die als italienisch bezeichnen? Oder eher als international?
Ich denke, es ist etwas dazwischen. In Italien tendiert man traditionsgemäß zu kleineren Armbanduhren. Ich habe ein schmales Handgelenk, weshalb ich kleinere Uhren liebe. Enrico Vitali, mein CEO, hat ein breiteres Handgelenk. Daher schätzt er die Big Bang. Aber ich denke, dass wir mit diesem Modell den italienischen Stil in Sachen Durchmesser ganz gut getroffen haben.
Beim Zifferblatt und den Zeigern haben Sie ganz offensichtlich großen Wert auf gute Ablesbarkeit auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen gelegt?
Wir haben auf farblichen Kontrast gesetzt. Und mit diesem Kontrast geht gute Ablesbarkeit beinahe zwangsläufig einher.
Eine ungewöhnlich passende Partnerschaft
Hublot hat viele Partnerschaft und arbeitet mit einer Vielzahl von Sportler, Artisten und Designer. Und doch ist die Kooperation mit dem Designstudio Garage Italia etwas Besonderes. Wir haben Enrico Vitali, den CEO von Garage Italie befragt.
Lassen Sie uns über die Kooperation zwischen der Garage Italia und Hublot reden. Heute präsentieren Sie schließlich das erste Resultat. Wie kam es dazu?
Enrico Vitali: Ich muss vorwegschicken, dass ich im September 2018 zur Garage Italia gestoßen bin. Zuvor war ich Investmentbanker und Anwalt für internationales Recht. Vor drei Jahren habe ich aufgehört und begonnen, in Startups zu investieren. Irgendwann überzeugte mich Lapo Elkann, für die Garage Italia zu arbeiten. Und das ist eine echte Herausforderung für mich.
Schon einen Moment bereut?
Nein, keinen Augenblick. Die Garage Italia ist ein großartiges Startup und das passt zu meinen Plänen. Zurück zur Frage. Die Verbindungen zwischen Lapo Elkann und Hublot bestehen ja schon länger. Insofern lag dieses Projekt förmlich in der Luft. Zunächst einmal galt es herauszufinden, wo und wie sich unsere DNA und unsere Werte überlappen.
Was haben Sie entdeckt?
Zum Beispiel die ungemeine Kreativität auf beiden Seiten und dann die Fusion zwischen Tradition und Innovation, welche beiden Unternehmen zu Eigen ist. Und dann ist da noch das Streben nach Personalisierung. Beide wollen sich immer etwas außerhalb des üblichen Rahmens bewegen. Zu Gute kam, dass Hublot ja auch keine ganz alte Marke ist. Daher kann man mit dem Projekt auch ein gemeinsames Erbe generieren. Wir tragen die gleichen Werte in uns, und die sind auch ein wenig italienisch. Kurz gesagt wollen wir Tradition, Innovation und Kreativität in Uhren mit hohem ästhetischen Anspruch zusammenführen.
Durch die große Fähigkeit in der Entwicklung und Handhabung neuartiger Gehäusematerialien passt Hublot in gewisser Weise ideal zur Garage Italia.
Sie sagen es. Wir beschäftigen uns bei unseren Projekten hier in Mailand ebenfalls mit neuartigen Werkstoffen. Und das gilt ja auch für die gesamte Autoindustrie. Innovative, unkonventionelle Werkstoffe übern eine große Faszination aus. Daher haben wir ideale Voraussetzungen für eine zukunftsweisende Zusammenarbeit. Hublot schreckt vor neuen Ideen nicht zurück. Sogar die ausgefallensten Vorschläge fallen auf fruchtbaren Boden. Ergo würde ein anderer Uhrenpartner als Hublot keinesfalls zur Garage Italia passen. Das wäre irgendwie falsch.
Der Link zwischen den beiden Manufakturen findet sich unübersehbar am Zifferblatt in Gestalt ihres Logo
Wir hätten Garage Italia neben Hublot auch als Marke aufdrucken können. Aber das sind und wollten wir nicht. Die Uhr spricht für sich. Das ist genug.
Jean-Claude Biver hat Hublot groß gemacht. Nun ist Ricardo Guadalupe am Ruder. Mit wem haben Sie gearbeitet?
Wie ich schon sagte: Ich startete im September. Daher war und ist mein Ansprechpartner in allen Fragen Ricardo Guadalupe. Und unsere Kooperation kann ich nur als fantastisch bezeichnen. Ich kenne natürlich die Anfänge des Miteinander und die engen Beziehungen zwischen Herrn Biver und Lapo. Aber die Gegenwart heißt für mich Ricardo Guadalupe. Andererseits sind der Geist und das Genie von Jean-Claude Biver natürlich weiterhin präsent.
Wie stark war Lapo Elkann in die Kreation dieser Armbanduhr eingebunden?
Es ist, wie sie unschwer sehen können, seine Uhr. Aber wir pflegen hier Teamwork. Das Resultat geht also auf mehrere Personen zurück. Über Details möchte ich da nicht reden. Garage Italia ist nun eine eigenständige Firma, die als Partner von Hublot auftritt. Da geht es weniger um einzelne Personen. Lapo liefert Inspirationen, gibt Impulse und die Zusammenarbeit mit Hublot geht ganz klar auf ihn zurück.
Über die Kreation der Hublot Classic Fusion Garage Italia haben wir ausführlich mit Carlo Borromeo gesprochen. Wie sieht es mit der Distribution der Hublot Classic Fusion Garage Italia aus? Sind Sie als Garage Italia mit eingebunden?
Vertrieb wird ausschließlich über Hublot erfolgen. Es handelt sich ja um eine sehr begrenzte Auflage von 100 Stück. Ganz nebenbei passt unsere Vertriebsplattform auch nicht zu Hublot als Marke und zu Uhren im Allgemeinen. Wir sind gerade dabei, unser erstes Auto zu offerieren. Da jedoch sind unsere Kanäle sehr innovativ, denn wir verkaufen unsere Fahrzeuge fast ausschließlich über Instagram. Daher ist es derzeit weitaus besser für Hublot, seine bewährten Distributionsformen zu nutzen.
100 Exemplare sind sehr wenig. Man könnte von dieser augenfälligen Armbanduhr sicher mehr verkaufen.
Das schon, aber weniger ist mehr. Wir machen lieber zwei Mal 100 als einmal 200.
Das Gebäude der Garage Italia hier in Mailand ist unglaublich. Irgendwie spiegelt die Uhr den Spirit wider, den dieses Bauwerk ausstrahlt.
Das ist es in der Tat. Von außen wirkt sie wie ein Raumschiff. Nach dem Start im Jahr 2015 hat er es zusammen mit einem Architekten Michele De Lucci gestaltet. Für die Garage Italia ist es der ideale Ort. In den fünfziger Jahren befand sich hier eine bekannte Agip Tankstelle, welche nun in neuem, Glanz erstrahlt. Viele Details entstammen der Ideenwelt von Lapo. Manches wirkt geradezu paranoid. Aber das ist genau so gewollt.
Einst war das Gebäude ein Mailänder Wahrzeichen. Seine Stromlinienform hat Architekturgeschichte geschrieben.
Trotzdem geriet es in Vergessenheit. Über Jahre hinweg war dieses Bauwerk dem Verfall preisgegeben bis es Lapo Elkann für die Garage Italia entdeckte und ihm eine aufwändige Renovierung angedeihen ließ. Außen kehrte die ursprüngliche Farbe zurück. Auch die Keramikfliesen an den Oberflächen der beiden Dächer und den Fassaden sind nach sorgfältiger Reinigung und Renovierung wieder präsent. Und wie einst folgen zwei Neon-Reihen folgen der Kontur der seitlichen Flügel.
Vermutlich steht das Gebäude unter Denkmalschutz.
So ist es. Wir konnten und können nicht tun und lassen was wir wollen. Heute sind wir sehr stolz darauf, in diesem Teil der sehr speziellen Stadt Mailand zu sein. Früher war es eine kleine Ortschaft, die nach der Eingemeindung zur Vorstadt wurde. Nun sind wir hier eingebunden. Unseren Espresso nehmen wir in den Bars der Umgebung, wo man die Neunzigjährigen regelmäßig findet. Im Sommer richten wir zusammen mit Adidas für die Jugendlichen ein vorübergehendes Basketball-Camp ein. Ich kann nur nochmals sagen: Dieser Ort ist zu hundert Prozent Lapo Elkann.
Eine Produktion findet in diesem Gebäude aber nicht statt
Nur sehr begrenzt. Die Garage Italia ist auf mehrere Gebäude verteilt. Hierher kommen die Leute zum Auswählen von Farben, Materialien und anderen Details. Ansonsten arbeiten wir mit Zulieferern. Nur die Besten der Besten sind für uns tätig. Wir sind absolut unabhängig von klassischen Automarken und gegen unseren eigenen Geschäften nach. Es ist ein Irrglaube, das wir in irgendeiner Form mit dem Fiat-Konzern in Verbindung stehen.
Die Zukunft der Garage Italia besteht primär im Design, der Produktion und Verkauf von Autos.
Ja, aber als kreativer Hub sind wir auch auf dem Gebiet des Industriedesigns tätig. Aber mit Blick auf unsere DNA wird unser Schwerpunkt ganz klar bei Autos liegen. Auch wenn wir auf Kundenwunsch auch Boote und Flugzeuge nach individuellen Wünschen umgestalten. Aber speziell bei Autos zeigt sich ein weiterer Link zu Hublot. Diese Uhrenmanufaktur pflegt enge Bindungen zu Ferrari und zum Automobilsport, den die Scuderia Ferrari praktiziert. Unsere Kunden lieben es, und dafür zahlen sie auch viel Geld, stundenlang darüber zu sprechen, wie sich ihr Auto optimal individualisieren lässt. Auf diesem Gebiet sind wir wirkliche Experten. Uns fasziniert die Leidenschaft, mit denen unsere Kunden an die Sache herangehen.
Reden wir kurz vom neuen Auto der Garage Italia. Gestalterisch ist es gar nicht so neu.
Gerne. Grundsätzlich unterliegt gerade die Automobilindustrie derzeit einem starken Wandel. Unser Projekt, Azzura genannt, basiert auf einem Auto, das Lapo Elkann außerordentlich liebt. Konkret handelt es sich um einen Fiat Cinquecento. Wenn Sie das Leder dieses Autos betrachten, werden Sie sehr schnell den Bezug zur neuen Armbanduhr entdecken. Die Entwicklung des Autos selbst startete im vergangenen Jahr. Es fährt elektrisch und ist außergewöhnlich. Wir nutzen hier aus Gründen der Homologisierung nur den Rahmen samt Nummer. Der Rest ist neu.
Wenn Sie von Zukunft sprechen, dann meinen Sie sicher auch schon weitere Uhr-Projekte
Die nächste Uhr steckt schon in der Pipeline. Wir werden sie heute natürlich noch nicht vorstellen. Aber sie kommt bald. Und fürs nächste und übernächste Jahr arbeiten wir auch schon. Aber zunächst sind wir natürlich einmal stolz auf das, was gerade auf den Markt kommt.
Werden die kommenden Uhren ähnlich sein?
Ich möchte keineswegs zerstörerisch wirken und diese wunderbare Leistung schmälern. Aber ich kann Ihnen versprechen, dass das Kommende weitaus spektakulärer ausfallen wird. Es wird Sie in Erstaunen versetzen. Das Jetzige ist klassisch und deshalb auf seine Weise absolut faszinierend.
0 Kommentare