Rückkehr zu den Ursprüngen
Um die Technik des neuen Czapek Antarctique Rattrapante Chronographen gebührend zu schätzen, gilt es die Geschichte der heute gebräuchlichen Chronographen zu verstehen. Diese vollzieht sich in mehreren Entwicklungsschritte. 1844 ersann der Uhrmacher Adolphe Nicole das patentierte Nullstellherz. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine geometrisch genau berechnete Scheibe. Montiert ist sie auf jener Welle, welche an ihrem vorderen Ende auch den Stoppzeiger trägt. Im Verbund mit einem formal darauf abgestimmten Hebel ist es möglich, den Zeiger per Drücker in seine Ausgangsposition zu bewegen.
Erstaunlicher Weise existierte das ausgeklügelte Bauteil bis 1862 eher in der Theorie. Erst dann war im Rahmen der Londoner Weltausstellung ein erstes Exemplar des bis heute gebräuchlichen Nullstell-Chronographen zu sehen. Hergestellt wurde es von Henri Féréol Piguet, einem Mitarbeiter der im Jouxtal beheimateten Manufaktur Nicole & Capt. Anfangs montierten die Uhrmacher die Chronographen-Kadratur auf der Vorderseite des Basis-Uhrwerks, verdeckt durch das Zifferblatt.
Dieser Trick ersparte zum einen das präzise Durchbohren dünner Stahlwellen. Andererseits spielte die Geometrie des antreibenden Uhrwerks eine eher untergeordnete Rolle. Dem unliebsamen Begleiteffekt, dass Reparaturen nach der Demontage von Zeiger und Zifferblatt verlangten, wirkte Auguste Baud entgegen. Diesem Uhrmacher ist 1868 der rückseitig und damit servicefreundlich montierte Chronographenmechanismus zu verdanken.
Rattraper heißt einholen
1883 wurde der Chronograph-Rattrapante Realität. Bei Wettläufen zum Beispiel gestattet der unabhängig anhaltbare Schlepp- oder Einholzeiger das Erfassen von Zwischenzeiten. Außerdem lassen sich zwei parallel ablaufende Ereignisse mit gleicher Startzeit simultan stoppen. Zu diesem Zwecke braucht es einen komplexen Zangenmechanismus mit weiterem Schaltrad. Selbiger gestattet das Anhalten des Einholzeigers, während der eigentliche Stoppzeiger weiterläuft. Nach dem Ablesen erfolgt per Knopfdruck die Synchronisierung beider Zeiger. Auch das Nullstellen geht gemeinsam über die Bühne.
Weil es den Fabrikanten anfangs noch nicht möglich war, die gleichermaßen lange wie dünne Welle des Stoppzeigers hinreichend präzise zu durchbohren, montierte man den Chronographen-Mechanismus anfangs hinten und die Schleppzeiger-Kadratur direkt unter dem Zifferblatt. Anfang des 20. Jahrhunderts fand sich beides zusammen auf der Rückseite des Uhrwerks.
Als das altbekannte Automatikkaliber Valjoux 7750 ab 1992 ein Rattrapante bereicherte, fand sich das Schaltwerk wiederum unter dem Zifferblatt. Bekanntlich funktionieren zahlreiche moderne Chronographen mit vorderseitig montiertem Modul. Für voyeuristisch veranlagte Uhrenliebhaber öffneten manche Hersteller das Zifferblatt, damit sich die Stoppfunktion nachvollziehen lässt.
Czapek Antarctique Rattrapante
Beim neuen Antarctique Rattrapante von Czapek & Cie finden sich beide Mechanismen augenfällig auf der Vorderseite. Möglich macht’s die in Le Locle beheimatete Chronode SA. Damit das zeitschreibende Geschehen beim exklusiven Automatikkaliber SHX6 optimal nachvollziehbar ist, hat der Manufaktur-Partner die Zahl der Komponenten reduziert und die beiden Mechaniken für den Chronographen übersichtlich auf der vorne verfügbaren Fläche angeordnet. Durch den Wegfall des Gangreglers wird die Angelegenheit überdies übersichtlicher.
Bei „12“ findet sich das Schaltrad für den Chronographen. Links davon ist der lange Hebel der horizontalen Räderkupplung zu erkennen. Zum Einkuppeln taucht sein freies oberes Ende zwischen zwei Säulen ein. Kommt es nach einer Drehung des Schaltrads auf einer seiner Säulen zu liegen, ist die Verbindung zum Sekundenrad des mit einem Zentralrotor ausgestatteten Automatikwerks getrennt. Rechts zeigt sich der Herzhebel zum Nullstellen des zentralen Stoppzeigers und des rechts angeordneten 30-Minuten-Totalisators. Das zweite Schaltrad bei „6“ steuert den durch die Skalenringe für Permanentsekunde und Totalisator verdeckten Zangenmechanismus des Schleppzeigers.
Als Antrieb für das Zeitschreiber-Modul dient ein Uhrwerk mit Selbstaufzug durch Kugellagerrotor aus recyceltem Rotgold. Die Unruh oszilliert mit vier Hertz, gestattet also Stoppungen auf die Achtelsekunde genau. Das aus 292 Komponenten assemblierte Oeuvre besitzt einen Durchmesser von 34 Millimetern. Nach Vollaufzug beträgt die Gangautonomie abhängig von der Nutzung des Chronographen bis zu 60 Stunden.
Verpackt ist die Mechanik in einem 42,5 Millimeter messenden Edelstahlgehäuse mit Schraubkrone. Die Schale baut 15,3 Millimeter hoch und widersteht dem Druck des nassen Elements bis zu zwölf bar. Vorne und hinten finden sich entspiegelte Saphirgläser.
Nicht ganz nachvollziehbar für den Uhrenkosmos ist die Nut in der linken Gehäuseflanke. Czapek & Cie. betrachtet diese als Erkennungszeichen. Im Alltagsgebrauch besteht jedoch einmal die Gefahr, dass sich darin Schmutz absetzt. Zum anderen sind deren durchaus scharfe Kanten nicht unbedingt manschettenschonend. Hier wird sicher in naher Zukunft entgratend nachgearbeitet werden.
Dank eines exklusiven Befestigungssystems lässt sich das mitgelieferte Gliederband leicht gegen optional erhältliche Bänder aus Leder oder Kautschuk austauschen.
Insgesamt sind 77 Exemplare bei Czapek & Cie. oder den Konzessionären zum Preis von 51.700 Euro vorbestellbar.
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