Blick in die Archive
Eine „Pasha“ für den Pascha gab es in der Geschichte der Pasha trotz einer Vielzahl anderslautender Artikel nie. Allerdings waren die Anfänge der Cartier Pasha de Cartier, einer für damalige Verhältnisse durchaus eigenwillig gestalteten Armbanduhr, in einer extrem schwierigen Zeit des Umbruchs.
Im Dezember 1941 war Alfred Cartiers Sohn Jacques-Théodule Cartier gestorben. Am 23. Juli 1942 segnete auch der ungemein geniale Bruder Louis-Joseph Cartier das Zeitliche. Und damit endete das „Goldene Zeitalter” der Familie Cartier. Der dritte Bruder Pierre -Camille Cartier leitete ab 1945 neben der New Yorker Dependance auch Cartier Paris. Um Cartier London kümmerte sich Jacques’ Sohn Jean-Jacques Cartier. Beide konnten allerdings nicht an die glorreichen Zeiten knüpfen. Auch Claude Cartier war weit entfernt vom Genie seines Vaters Louis.
Nach heftigen internen Auseinandersetzungen und schwierigen Kapitalverschiebungen zeichnete dieser ab 1948 für die New Yorker Cartier Dependance verantwortlich. Uneinigkeit zwischen den drei verschiedenen Cartier-Stämmen zog nun eine Epoche der Orientierungslosigkeit nach sich. Die mangelnde Kreativität wiederum beeinflusste das Produktportfolio. Zwar zehrte Cartier noch einige Jahre vom großen Renommée und einer treuen High Society-Klientel, aber nachhaltige Erfolge wollten sich nicht mehr einstellen.
Neben den hauseigenen Klassikern verkaufte Cartier in dieser Phase des Übergangs Uhren namhafter Schweizer Hersteller wie zum Beispiel Audemars Piguet, Ernest Borel, Jaeger-LeCoultre, Movado, Patek Philippe, Piaget oder Vacheron & Constantin. Dabei handelte es sich um Modelle mit zusätzliche oder auch alleiniger Signatur Cartier, wie diese Kalender-Armbanduhr von Audemars Piguet belegt.
Von weiteren Design-Innovationen wie sie beispielsweis die „Santos“, „Tortue“, „Tonneau“ oder „Tank“ verkörperten, war bei Cartier jedoch längst keine Rede mehr.
Schön, aber nicht unbedingt sportlich
In jenen Jahren des Zweiten Weltkriegs hätte Cartier dringend auch eine sportliche Armbanduhr mit Wasserdichtigkeit benötigt.
Zwar verfügte die 1932 vorgestellte „Tank Etanche“ offiziell über ein dichtes Gehäuse. Von dauerhafter Widerstandsfähigkeit gegen das nasse Element konnte jedoch keine Rede sein. Naturgemäß verlangten rechteckige Schalen nach einem komplexem Dichtsystem, was Servicearbeiten beträchtlich erschwerte.
Außerdem erfüllte es, wie damals auch andere Marken leidvoll erfahren mussten, seine Aufgaben nur in zeitlich begrenztem Umfang.
Nach dem internationalen Erfolg der Rolex Oyster hatten sich die unbestreitbaren Vorteile runder Schalen allgemein herumgesprochen. Diese besaßen keine Kanten und ließen sich deshalb sehr viel leichter abdichten.
Im Jahr 1943 stand auch bei Cartier eine runde Armbanduhr zur Verfügung. Ausgestattet mit verschraubtem Boden und nur zwei zentralen Bandanstößen. An eine Schraubkrone war wegen des absolut wasserdichten Patentschutzes für Rolex nicht zu denken. Als Alternative diente eine nicht ganz neue Schraubkappe für die ansonsten klassisch ausgeführte Krone. Zum Schutz gegen Verlust legte Cartier den täglich zu öffnenden Deckel sozusagen an die Kette.
Über dem bruchgefährdeten Glas wölbte sich überdies ein martialisch anmutendes Schutzgitter. Wer das Narrativ in die Welt setzte, ein wichtiger Cartier-Kunde in Person des Pasha von Marrakesch habe diesen sportlich wirkenden Zeitmesser fürs Baden im Swimmingpool bestellt, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Es handelt sich definitiv um ein schönes, aber eben nicht zutreffendes Märchen.
Die Renaissance
Ab dem Jahr 1962 begann schließlich im Hause Cartier eine neue Ära. Claude Cartier veräußerte seine Cartier-New York-Aktien an Edward Goldstein, Mitinhaber der Schmuckfirma Black Star Forest. Nach dem Tode Pierre Cartiers im Jahr 1965 gingen dessen Anteilscheine von Cartier Paris an die Gebrüder Danzinger.
Mit der Entwicklung des gleichermaßen bekannten wie legendären Feuerzeugs startete Cartier ab 1968 wieder durch.
1972 übernahm eine Gruppe cleverer Finanziers um Joseph Kanoui die Aktien des Pariser Ablegers. Robert Hocq, der Vater des überaus erfolgreichen Feuerzeugs avancierte zum Präsidenten. Alain Dominique Perrin, der schon 1969 in die SA Briquet Cartier eingetreten war, übernahm die Marketingabteilung und überzeugte sofort durch clevere Ideen.
„Ein Hauch von Dynamik und Jugend weht durch die Nummer 13 an der Rue de la Paix.” stand damals in der Presse zu lesen.
Innerhalb von drei Jahren schnellten die Feuerzeug-Verkäufe um 700 Prozent nach oben. Doch Hocq wollte mehr: 100 Cartier-Filialen in einem Zeitraum von zehn Jahren. Überall in der Welt, an den besten Orten dieser Erde.
Der Schlüssel zum Erfolg lautete „Les must de Cartier“. Unter dem 1973 eher zufällig kreierten Slogan sollten sich künftig Feuerzeuge, Kugelschreiber, Brillen, Parfum, sonstige Accessoires und natürlich Armbanduhren versammeln.
Als Generaldirektor entwickelte Alain-Dominique Perrin eine zugkräftige „must“-Philosophie. 1976 debütierte die erste Uhrenkollektion in Vermeil, sprich vergoldetem Sterlingsilber. Zwei Jahre später erlebte die Cartier Santos in einer Stahl-/Gold-Version ihr Comeback.
In diesem Jahr 1978 übertrug Cartier die Produktion aller Zeitmesser der in La Chaux-de-Fonds gegründeten und beheimateten CEC.
Hinter diesem Kürzel verbarg sich die gemeinsam mit Pierre-Alain Blum gegründete und betriebene Compagnie-Cartier-Ebel.
Cartier Pasha erster Akt
Alain Dominique Perrin war es auch, der in den Archiven das entdeckte, was 1985 unter dem nun gewählten Namen Pasha als Serienprodukt auf den Markt gelangte.
Fortan war Pasha im Hause Cartier weit mehr als eine Armbanduhr. Durch die Entwicklung einer breit gefächerte Kollektion von der schlichten stählernen „C” bis hin zum ultrakomplizierten, gemeinsam mit Gérald Genta produzierten Uhrenkunstwerk entstand auch eine Philosophie. Mechanik, Elektronik und jede Menge Edelsteine provozierten dabei die Frage, ob es sich bei der Cartier Pasha Uhre wirklich um eine Uhr oder ein Schmuckstück oder beides zugleich handelte.
Bis 100 Meter reichte beispielsweise die Wasserdichte der Pasha Taucheruhr mit einseitig rastender Drehlünette. Den Lauf des erdnächsten Planeten indizierte die Cartier Pasha Mondphase. Ein Pasha Modell mit ewigem Kalender berücksichtigte die unterschiedlichen Monatslängen in Normal- wie in Schaltjahren. Die Pasha Alarm sorgt dafür, dass im Alltagsstress keine Termine übersehen werden. Betont sportlich gab sich der Pasha Chronograph mit Zehntelsekunden-Stoppgenauigkeit. An Weltreisende wandte sich die Pasha mit zweiter Zeitzone. Auf allen Greens war die Pasha Golfeur mit Zählwerk zu Hause und schließlich betont unauffällig präsentierte sich die Pasha Minutenrepetition. Was für eine Modell-Fülle!
Dem Drehgang huldigte das Pasha Tourbillon. Ganz oben in der Kollektion rangierte die Pasha Version mit Minutenrepetition und ewigem Kalendarium. Durch ihre zierende Komponente gepaart mit Funktionalität und hohem Wiedererkennungswert eroberte die an sich maskuline Cartier Pasha so nach und nach die Herzen der Damen. Einen ganz erheblichen Beitrag leistete allerdings auch die wachsende Liebe für größere Gehäuse, aber warum auch nicht.
Die entwicklung der Pasha von 2020
Nach der Überarbeitung der Cartier Santos hat sich die Kreativabteilung von Cartier intensiv mit der mittlerweile 35 Jahre alten Pasha beschäftigt. Im Zuge der Evolution durfte das sehr spezielle Design natürlich nicht grundlegend verändert werden. Schließlich lebt diese Armbanduhr von den markanten Kernelementen, zu denen die Bandanstöße und der Kronenverschluss gehören. Grundsätzlich unangetastet blieb auch das runde Zifferblatt mit integriertem Quadrat als Reminiszenz an kantige Meilensteine wie die Modelle Santos und Tank. Zu den altbekannten Merkmalen der Pasha gehört aber auch der bewusste Verzicht auf die bei Cartier sehr beliebten „Römer” am Zifferblatt.
Wer die Pasha Uhren 1985 und 2020 nebeneinanderhält stellt sehr leicht fest, dass diese Armbanduhr, egal ob mit stählerner oder goldener Schale, einen kraftvolleren Auftritt ohne Identitätsverlust erhielt.
Zu den gänzlich neuen Aspekten gehört auch ein Sichtboden, durch den sich die exklusive Mechanik der verschiedenen Modelle mit nunmehr 35 oder 41 Millimetern Durchmesser zeigt.
Von der erfolgreichen „Santos“ des Jahres 2018 hat Cartier logischer Weise das „QuickSwitch“-System zum kinderleichten Wechsel des Armbands übernommen. Leder oder Stahl: den Kunden bleibt die Qual der Wahl. Nichts zu rütteln gab es auch an „SmartLink“. Mit dem zum Patent angemeldeten System lässt sich die Länge des Armbands ohne Werkzeug und tiefgreifende Kenntnisse in relativ kurzer Zeit anpassen.
Menschen mit Hand zur Individualisierung können ihre neue „Pasha“ unter dem Kronenschutz mit ihren Initialen gravieren lassen.
Cartier Pasha de Cartier
Bleibt das in den Automatikmodellen verbaute Kaliber 1847 MC mit vier Hertz Unruhfrequenz und rund 40 Stunden Gangautonomie. Wie gehabt entstehen seine Hemmungskomponenten im LiGa-Verfahren aus einer paramagnetischen Nickel-Phosphor-Legierung. Analog zur Schwester Vacheron Constantin bei der Overseas und selbst bei der neuen Santos umfängt Cartier das Uhrwerk zur moderaten Steigerung der Abwehrkräfte gegen Magnetfelder mit einem Weicheisenring. Wegen des Saphirglasbodens hält sich die Schutzwirkung jedoch in Grenzen.
Die Wasserdichtigkeit ist ausgezeichnet und Wasser hat bis zu zehn bar Druck keine Chance, der exklusiven Mechanik Schaden zuzufügen.
Menschen mit Hang zum Durchblick bietet Cartier eine Handaufzugs-„Pasha“ mit dem skelettierten Kaliber 9624 MC an. Es misst 20,5 Millimeter und baut 3,5 Millimeter hoch. Nach den vollständigen Spannen der Zugfeder läuft diese Uhr ca. 40 Stunden am Stück. Die Unruh vollzieht stündlich 21.600 Halbschwingungen.
So reich die Geschichte der Cartier Pasha de Cartier ist, so vielfältig sind die Modelle. Geht es doch um keine Pasha für den Pascha, sondern um stilistisch prägnante Uhren und technisch hochwertigen Uhrenbau für Männer und Frauen.
2 Fragen hätte ich:
Was für ein Uhrwerk hatte die ursprüngliche „Pasha“, von wem?
Und von wem ist das heute verbaute Uhrwerk?
Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Vorab besten Dank.
Dr. Christoph Friedrichs
Guten Tag,
die meisten älteren Cartier Pasha haben eine n ETA Werk, wie meine GMT Pasha 2377 von 2001 mit überarbeiteten ETA 2893-2 und Cartier Rotor.
Die neuen Modelle haben ein Cartier Manufakturkaliber an Bord.
Einige Pashamodelle aus den 2000ern haben auch Werke von Jaeger LeCoultre und Piguet ( Vacheron Constantin, Blancpain) eingeschalt.
Viele Grüße
J.Kaiser
Ich besitze als Kind der 80 Jahre eine aktuelle 41 mm Pasha stahl und frage mich warum gerade in Deutschland die Pasha nicht mehr den Status der 80 Jahre erreicht????
Ich besitze auch 2 aktuelle Santos large same same!?
Anscheinend geben die Deutschen ja nur noch langweiligen Brands mit den immergleichen Pararametern a la Rolex und Co den Vorzug,
Armes großes kleines deutsches Land 😣🤷🏿♂️
Ein interessanter Aspekt, denn in der Tat hat Cartier in Deutschland nicht die Bedeutung, die es in manch anderen Länder hat. Von Frankreich ganz zu schweigen.
Aber so ist es nun mal – unterschiedliche Länder haben unterschiedliche Präferenzen.
🙂
Ich schließe mich vollumfänglich meinem Namensvetter Frank Zimmermann an.
Ich bin Jahrgang 66 und somit auch ein Kind der 80 Jahre meiner prägenden Zeit in der Teenager Phase.
Und da war Cartier und Ebel ja die beiden it Brands neben MDMHublut unter Carlo Croco.
Logischerweise ist das in der präge DNA hinterlegt und besonders Cartier war das Beute Schema des Luxus Brands die dicht gefolgt von der bürgerlicheren Ebel
Rolex trugen in den 80 Jahren Primaten und Zuhälter und Bauarbeiter Capos
Das ist für mich in dem technischen verliebten unromantischen Deutschland leider heute me denn je so.
Mich bestärkt es aber auch wie ein Junkie Ebel Gent und Cartier Pasha Santos und calibre de Diver de Cartier in allen möglichen Blättern zu sammeln.
Frank ist Watch Junkie und bekennender Rolex und Omega Verachter da soo langweilig wie unser Deutschland