Klein ist anspruchsvoll und kompliziert
Um das Bemühen zu verstehen, das hinter der Konstruktion der Bulgari Serpenti Misteriosi steht, muss man wissen, dass bei Bulgari bei der Konstruktion der Uhren abseits eines ökonomischen Erfolgs stets ein weiterer Gedanke mitschwingt. Es ist das Bemühen um wie auch immer geartete Superlative und das Verschieben von Grenzen.
Auf dem Gebiet der Uhren gibt es ein breites Spektrum bemerkenswerter Innovationen, Weltpremieren oder Bestleistungen. Zum Teil verknüpft sich damit auch die Ahnung der Vergänglichkeit. Schließlich ist das durch harten Wettbewerb hervorgebrachte Bessere stets des Guten unerbittlicher Feind. In diesem Sinne beispielsweise geht Flaches noch flacher oder Kleines noch kleiner. Das Streben nach Reduktion der Dimensionen verlangt Konstrukteuren, Fabrikanten und vor allem den mit Assemblage, Reglage sowie Wartung betrauten Uhrmachern sehr viel ab.
Diese extreme Miniaturisierung fordert ihrenn Tribut, denn mit abnehmenden Maßen steigt der Aufwand gleich in mehrfacher Hinsicht. Weil die Fertigungstoleranzen sinken, können wenige Tausendstelmillimeter darüber entscheiden, ob ein Uhrwerk auf Dauer zuverlässig und präzise läuft oder nicht. Des Weiteren verlangen Mini-Kaliber auch bei der Finissage, Montage und Regulierung nach einem Höchstmaß an Sorgfalt. Folglich gelten Miniatur-Uhrwerke auch ohne Zusatzfunktionen mit Fug und Recht als komplizierte Angelegenheit.
Tickende Form-Superlative im 20. Jahrhundert
Auf dem Weg zu einem Weltrekord in Sachen winziger Bauweise mechanischer Uhrwerke hatten die Techniker des Ebauchesfabrikanten LeCoultre in den 1920-er Jahren einige Probleme zu lösen. Eine der essentiellen Fragen lautete, wie man die Präzision durch Verwendung größerer Bauteile steigern, die Dimensionen gleichwohl minimieren kann. Durch die Anordnung der Komponenten auf zwei Ebenen präsentierten sie 1925 einen gangbaren Weg.
Einen ersten Superlativ verkörperte das 1928 lancierte LeCoultre Duoplan-Kaliber 7BF 104. Aus 16 x 5.8 x 3.4 mm errechnet sich bei diesem Baguettewerk ein Volumen von nur 315 mm³. Zum Kundenkreis gehörten Cartier, Audemars Piguet und Vacheron Constantin. AP taufte das mit konventionell oder rückwärtig angeordneter Krone verbaute Uhrwerk 2005. Bei Vacheron Constantin hieß das Oeuvre 1005.
Indessen ruhte sich LeCoultre keineswegs auf seinen Lorbeeren aus. Bereits 1929 sorgte das legendäre Kaliber 101 für Aufsehen. Bis in die Gegenwart kann ihm kein anderes mechanisches Uhrwerk das Wasser reichen. Daher findet sich die Weltbestleistung auch im Guinness Buch der Rekorde. Das wiederum zweigeschossige Handaufzugswerk misst nur 14 x 4,8 x 3,4 mm. Folglich beträgt das Volumen nur 228,48 mm³. Trotz zunächst 74 und inzwischen 98 Komponenten bringt der tickende Winzling einschließlich Zifferblatt und Zeiger weniger als ein Gramm auf die Waage.
Am 2. Juni 1953 trug ihn Queen Elizabeth II. anlässlich ihrer Krönung am Handgelenk. 1990 gelang Jaeger-LeCoultre auch noch die Skelettierung. Am Ende handwerklicher Bemühungen wog das skelettierte Jaeger-LeCoultre 101 nur noch 0,4 Gramm. Weniger geht definitiv nicht mehr.
Kleines Rund
Neben den Formwerken bemühte sich die Uhrenindustrie verständlicher Weise auch um Rundes. 1936 brachte der Ebauchesfabrikant Felsa das 6-linige Handaufzugskaliber 81 auf den Markt. Bei 13,6 mm Durchmesser baute es 3,5 mm hoch. Ergibt eine Oberfläche von rund 143 mm² oder ein Volumen von 500 mm³. 1951 endete die Produktion nach 52.203 Stück.
Ein Jahr später machte die Rayville SA durch die Konstruktion winziger Handaufzugswerke von sich reden. Ihr rundes R- 550 mit rückwärtiger Krone verfügte über einen Durchmesser von nur 11,85 mm. Zusammen mit 3,85 mm Höhe ergeben sich 425 mm³ Volumen. Eine der damit ausgestatteten Armbanduhren, vorgestellt im Jahr 1956, taufte die Marke Blancpain euphorisch Ladybird.
In The Watchmaker, Jeweller and Silversmith sprach der amerikanische Journalist R. W. Pipe von The Smallest of the Super Smalls, denn beim so genannten Marienkäfer handelte es sich tatsächlich um die weltweit kleinste runde Armbanduhr. Ihr schlichtes Goldgehäuse begnügte sich mit nur 13,2 mm Außendurchmesser.
Bulgari Serpenti Misteriosi
Inzwischen schreibt die Menschheit das Jahr 2022. Und da ist Bulgari an der Reihe, die Geschichte uhrmacherischer Superlative um unterschiedliche Facetten zu bereichern. Nach verschiedenen ultrafachen Bulgari Octo Finissimo-Kalibern für Herrenuhren sowie 2020 dem weltweit kleinsten Minutentourbillon, Kaliber BVL 150, 22 x 18 x 3,65 mm, brilliert die Manufaktur mit ihrem neuen runden Handaufzugskaliber BVL100.
Und es ist gegenwärtig wirklich das kleinste seiner Art. Sein Durchmesser beträgt 12,30 mm. Nachdem der Winzling lediglich 2,50 mm hoch baut, kommt man auf 297 mm³ Volumen. Summa summarum 102 Komponenten wiegen zusammen 1,3 Gramm.
Die Energie speichert eine 170 mm lange Zugfeder. Verstaut ist sie ein einem 1,47 mm hohen Federhaus mit fünf Millimetern Durchmesser. Stündlich 21.600 Halbschwingungen vollzieht die Unruh aus massivem Weißgold.
Nach Vollaufzug tut sie das 30 Stunden lang. Aufzug und Zeigerstellung erfolgen bei der femininen Bulgari Serpenti Misteriosi per Krone auf der Rückseite des Werkscontainers.
Das mysteriöse Element dieser schmückenden Armbanduhr mit Schlangenband resultiert daraus, dass sich Zifferblatt sowie die Zeiger für Stunden und nach einem Druck auf die Zunge des Reptils zeigen. Dann nämlich öffnet sich der als Deckel geformte Kopf.
Von selbst verstehen mag sich die Tatsache, dass der von Gold und Edelsteinen umfangene Superlativ seinen Preis hat. Je nach Ausstattung werden für die Bulgari High-Jewellery Uhren Serpenti Misteriosi zwischen 177.000 und 268.000 Euro fällig.
Video der Bulgari Serpenti Misteriosi
Das Video von Bulgari zeigt die verschiedenen Details der Uhr und den komplizierten Bau der Miniatur-Kaliber BVL 100 sowie die komplexen Goldschmiedearbeiten dieser Bulgari High-Jewellery uhr.
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