In jenem Jahr 1914, als die abgebildete alte Omega Uhrenanzeige erschien, geriet die Reklame per se in den Blickpunkt der Wissenschaft. Vorreiter waren einmal mehr die USA. Dort publizierten Harry Tipper, Harry L. Hollingworth u. a. die Studie „Reklame, ihre Prinzipien und ihre Anwendung.“ Sie kann als eine der ersten sozialwissenschaftlich orientierten Analysen über werbliche Methoden und Wirkungsweisen gelten. In Deutschland gab es ab 1914 eine „Freie Vereinigung für Reklame-Kunst und Wissenschaft“, welche die Reklame in ihren Grundzügen erforschen und die Ergebnisse der Allgemeinheit zuführen wollte. „Die erste Regel der heutigen Reklame ist einmal unbedingte Wahrhaftigkeit und sodann Geschmack und Schönheit. Sie soll dazu beitragen, zunächst die richtige Erkenntnis zu verbreiten, sie soll aber auch durch künstlerische Gestaltung unser Leben verklären. (Denn) auch in der Reklame soll das starke ästhetische Bedürfnis unserer Zeit Anregung erfahren.“
Dieser Geist kommt in dieser alten Omega Uhenanzeige besonders gut zum Tragen. Es gestaltete der italienisch-französische Künstler Leonetto Cappiello unter dem Motto „Genie der genauen Zeit“. Lachend, luftig, flammend, jugendlich und dynamisch waren seine Leitgedanken zum Thema – und fanden ihre Umsetzung in seinem wunderschönen Anzeigenmotiv.
Ein Italiener in Paris
Leonetto Cappiello war am 9. April 1875 im italienischen Livorno zur Welt gekommen und übersiedelte 1898 nach Paris. 1892 war eines seiner ersten Gemälde bereits im Stadtmuseum von Florenz zu sehen. Seine beachtliche Karriere begann Cappiello, der keine einschlägige Ausbildung genossen hatte, als Karikaturist. Seine Illustrationen waren in angesehenen Zeitschriften wie Le Cri de Paris, Le Sourire, L’Assiette au Beurre, La Baionnette, Femina zu finden. 1896 publizierte er überdies sein erstes Karikaturen-Album.
Mit den Jahren widmete er sich jedoch mehr und mehr der Gestaltung von attraktiven wie innovativen Werbeplakaten, von denen er eine Vielzahl erschuf. Nicht umsonst wurde ihm verschiedentlich der Beinamen „Vater der modernen Werbung“ verliehen. So verwendete er als erster Grafikdesigner frische, mitunter kecke Figuren vor markanten Hintergründen. Das ist auch bei der jungen Dame der Fall, welche eine – natürlich präzise – Omega-Taschenuhr präsentiert. Als mit Beginn des 20. Jahrhunderts Plakate und Poster die Werbung dominierten, schlug auch die große Stunde des Leonette Cappiello. Zwischen 1901 and 1914 schuf er einige hundert Werke, welche die Plakatgestaltung nachhaltig beeinflussten, um nicht zu sagen revolutionierten. In Summ umfasst sein Lebenswerk sogar mehr als 530 Poster. Neben Omega zählte er auch weitere wichtige Kunden wie Cinzano, Campari oder Suchard zu seinen Kunden und erschuf für sie Meilensteine der grafischen Werbung.
Uhrenwerbung
Omega konnte sich jedoch einen derartigen Star der Werbung leisten. Die Uhren-Manufaktur beschäftige 1914 erstmals mehr als 1.000 Mitarbeiter. Dazu gesellte sich eine stattliche Zahl an Heimarbeitern. In diesem Sinne gehörte das Unternehmen damals schon zu den ganz Großen der Branche. Während der Schweizerischen Landesausstellung 1914 in Bern, präsentierte sich Omega in voller Blüte. Zu den Attraktionen gehörte eine durchbrochene Riesenuhr, die tiefe Einblicke ins tickende Uhrwerk erlaubte. Außerdem verbreitete der Spezialist für Präzisions-Zeitmessung das Signal der „Heure radiotélégraphique de Paris“ per Lautsprecher im ganzen Ausstellungsgebäude. Auch so konnte man auf sich und seine Produkte aufmerksam machen Produkte aufmerksam machen.
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Auch wenn die Uhrenindustrie in der Werbung die Schönheit anpries, veränderte der I. Weltkrieg vieles. Die Uhrenindustrie reagierte auf den Kriegsausbruch durch die Entwicklung neuer, spezifischer Modelle. Es gab Uhren mit Schutzgitter für das Glas, mit Sprungdeckel, mit 24-Stunden-Zifferblatt oder mit markanten Leuchtzifferblättern und-zeigern. Alles Modelle für den Einsatz im Krieg.
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