Dugena Siffert Chronograph? Dugena und Cool? Ist das nicht ein ziemlicher Widerspruch? Ganz im Gegenteil. Sammler zahlen für gut erhaltene Dugena Chronographen aus der heutzutage sonderbar klingenden Liaison von Heuer und Dugena hohe Preise. Denn anders als die herablassende Bezeichnung „Die Heuer des armen Mannes“ wissen sie um die Geschichte dieses besonderen Chronographen und schätzen das Design wie seine inneren Werte.
Um die Wertschätzung für diese Vintage Uhr zu verstehen, muss man allerdings einen Blick in die bewegten 60er und 70er Jahre der Uhrenindustrie werfen und die für die Uhrenmarken Dugena wie Heuer herausfordernden Umfelder kennen. Denn erst im Kontext wird klar, wie es sein kann, dass die weltweit angesehene Uhrenmarke Heuer im Jahr 1971 der Darmstädter Uhrenmarke anbot, unter der Markenkennzeichnung Dugena ein komplett baugleiches Modell der Heuer Autavia Jo Siffert anzubieten.
Heuer Autavia Jo Siffert
Wirft man einen Blick auf die Zifferblattgestaltung der Dugena Siffert erkennt man auf den ersten Blick die klassischen Gestaltungsmerkmale der Heuer Autavia. Das große Tonneau-förmige Stahlgehäuse mit der schwarzen Lünette und den bunten Farbelementen des Zifferblattes und der Zeiger ließ bereits vor 50 Jahren das Herz der Anhänger sportlicher Chronographen höherschlagen.
Insbesondere, da Heuer die Nähe zum Motorsport mit seinem Formel 1 Engagement sowie verschiedenen Fahrer-Testimonials unter anderem mit dem Schweizer Rennfahrer Jo Siffert medial erfolgreich pflegte. Entsprechend war das im Jahre 1962 lancierte Modell Heuer Autavia ein absoluter Verkaufsschlager der Marke.
Allerdings war die Schweizer Uhrenindustrie und auch Heuer in eine veritable Krise geraten. Der Einzug der Elektronik bei der Herstellung von Uhren zwang die Uhrenhersteller zur Reduzierung der Mitarbeiter, die Freigabe der festen Wechselkurse machten Schweizer Uhren im Ausland deutlich teurer und die aufkommende Quarzkrise warf ihren Schatten voraus.
Dazu kam das Problem, dass über die gleichmachende Ausstattung der Uhren mit Uhrwerken des Ebauches Werkhersteller-Verbunds konnte sich Heuer nur über das Marketing und das Design von anderen Uhrenherstellern abheben.
Entsprechend setzte Jack W. Heuer, der Anfang der 60er Jahre die Führung der Marke Heuer von seinem Vater übernommen hatte, auf ein starkes Wachstum. Dies beinhaltete neue Modellen, den massiven Ausbau der Produktrange sowie das Eingehen von breiten Kooperationen mit anderen Marken.
In Amerika bekannt wurde insbesondere die Zusammenarbeit mit der Zigarettenmarke Viceroy, bei der das Sammeln einer Anzahl von Zigarettenschachtel-Hüllen zum Bezug einer Heuer Autavia Viceroy Uhr zum Preis von nur 88 Dollar berechtigte. Allerdings belieferte man auch andere Hersteller wie Kaufhäuser mit Uhren. Bei all diesen Kooperationen achtete man in der Regel allerdings darauf, dass die Uhren eine leichte Veränderung erfuhren und nicht sofort als Klone erkennbar waren.
Dugena
Auch der im Jahr 1917 gegründete Firmenverbund Deutsche Uhrmacher-Genossenschaft Alpina-Dugena, der sich aus Gründen des Markenrechts im Jahr 1949 zu Dugena umbenennen musste, suchte nach neuem Absatzpotential.
Hatte die Marke im Zuge des Wirtschaftswunders durch einheitliche Werbung und Schaufenstergestaltung noch einen gewaltigen Aufschwung erlebt und Ende der 60 Jahre weltweit erfolgreich Uhren vertrieben, so spürte man Anfang der 70er Jahre am Standort in Darmstadt den Druck des Marktes und das starke Aufkommen preiswerter Uhren aus Fernost. Entsprechend suchte man nach neuen Produkten, die Umsatz brachten – und was lag näher, denn eine Partnerschaft mit Schweizer Uhrenmarken wie der Marke Heuer.
Dugena Siffert
Unter den verschiedenen lancierten Dugena Chronographen sticht unter anderem der Dugena Siffert Chronograph deutlich heraus. Denn die Uhr ist, wie man heute unschwer erkennen kann, nicht nur eine identische Kopie des Heuer Autavia Referenz 73663 mit ihrem Valjoux Handaufzugskaliber 7736. Vielmehr konnte Dugena die Uhr trotz ihrer identischen Gestaltung mit dem eigenen Dugena Markenschriftzug vertreiben und profitierte so mit von der Partnerschaft der Heuer Autavia mit dem erfolgreichen Rennfahrer Jo Siffert.
Dieser hatte mit Jack W. Heuer ab Ende der 60er Jahre eine feste Zusammenarbeit vereinbart und sorgte für eine starke Sichtbarkeit der Marke. Dies förderte sich auch die Gestaltung des Heuer Autavia Siffert Zifferblatts mit ihrem auffallenden Panda-Zifferblatt und einem ins Auge springenden blauen Sekundenzeiger.
Die Uhr selbst war mit ihrem unter über 41 mm großen und 13 mm hohen Stahlgehäuse mit integrierten Bandanstößen für damalige Verhältnisse recht groß und so konnte Dugena einen Chronographen anbieten, der durch sein kissenförmiges Design und die markante Größe im Trend lag. Denn Heuer war in seinem Streben nach Größe und „mehr“ Uhr nicht allein. Auch Omega, Doxa, oder etwa Breitling setzten auf große sportliche Uhren, die mit ihren Chronographen für die im Alltag willkommene zusätzliche Stopp-Funktionalität sorgten – ein Umstand, der in den heutigen Zeiten von allgegenwärtigen Mobiltelefonen kaum noch vorstellbar ist. Entsprechend erfolgreich wurde die Dugena Siffers in vielen der knapp 2.000 Dugena Filialen zum Verkauf angeboten.
Dugena Chronographen
Mit dem Dugena „Heuer“ Siffers Chronographen konnte Dugena sehr zufriedenstellende Verkaufsergebnisse erzielen und nicht nur der Siffert Chronograph war ein Erfolg. Vielmehr nutzte Dugena seinen grundsätzlichen Ansatz unter Nutzung fremder Kaliber eigene spannende Dugena Modelle zu lancieren für eine ganze Anzahl von Dugena Chronographen. Diese Stopper sind heute ebenfalls sehr gesucht und steigen kontinuierlich im Wert.
Für sie spricht – wie beim Dugena Siffert Chronograph – vor allem die Gewissheit, ein begehrtes Vintage Modell zu ergattern, dass solide Technik, cooles Design und einen vernünftigen Preis unter einen Hut bekommt.
Wenn jemand heute also von „Heuer für arme Leute“ spricht, dann entgegen Sie ihm ruhig „Heuer für smarte Leute“. Denn diese Bewertung haben diese Chronographen zweifellos verdient.
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