Zurück in die Zukunft
Nach mehr als 80 Jahren Pause kehrt der Name Löbner zurück in die Uhrenszene. Und zwar im Zusammenhang mit zwei neuen Löbner Steelracer und einem limitierten Rocketman Armbandchronographen. Alle drei Uhren offeriert Juwelier Bucherer in verschiedenen Ländern. Beim Blick aufs Zifferblatt fällt sofort die dezentral im linken oberen Quadranten angeordnete Zeitanzeige auf. Dieses gestalterische Element resultiert aus der Geschichte von Franz Ludwig Löbner. Während seiner beruflichen Ära als Unternehmer, die von 1862 bis 1897 dauerte, beschäftigte sich der gelernte Uhrmacher intensiv mit Instrumenten zur Kurzzeitmessung.
Löbners Tertienuhren (Sekundenzähler) und Chronoskope genossen einen ausgezeichneten Ruf. Ein Exemplar tat seinen Dienst auf der gut 90 Meter langen deutschen Staatsyacht Hohenzollern. Auch Kintaro Hattori, seines Zeichens Gründer der japanischen Uhrenmarke Seiko, nutzte in Tokio ein entsprechendes Produkt aus den Werkstätten des 1921 im Alter von 86 Jahren verstorbenen Franz Ludwig Löbner. Mehr zur Geschichte seiner Berliner Uhrenfabrik mit Ladengeschäft an der Postdamer Straße 23 wird Gegenstand eines späteren ausführlichen Artikels sein.
Löbner
In dieser Uhrenkosmos Wochenschau geht es wie gesagt um das Comeback der deutschen Traditionsmarke und besagte Löbner Chronographen. Das Projekt verknüpft sich mit technischen Errungenschaften, welche in die Ära der Nachfolger von Franz Ludwig Löbner, dieses Pioniers der Sportzeitmessung, fallen.
Gemeint sind Otto Fritz und ab 1925 dessen ältester Sohn Johannes Otto Fritz. Unverzüglich nach seinem Antritt begehrte Letzterer das Patent für einen optimierten Apparat mit elektrischer Steuerung von Nebenuhren sowie angeschlossener Registrier- und Druckvorrichtung.
Hiermit ließ sich der gesamte Verlauf beispielsweise von Autorennen exakt messen und auch schriftlich dokumentieren. Somit kann die Firma Löbner mit Fug und Recht als ein deutscher Pionier der Sportzeitmessung gelten. Instrumente aus Berlin erfassten Rekordversuche und -zeiten auf Schiene und Straße, in der Luft und am Wasser. Geräte aus dem Hause Löbner stoppten unter anderem die die rasanten Auto-Rennfahrten von Rudolf Caracciola, Tazio Nuvolari und Bernd Rosemeyer.
Der Raketenmann
Besonderen Stellenwert genießt in diesem Zusammenhang freilich Fritz von Opel. Seine Rekordfahrt mit dem Raketenwagen RAK 2 im Jahr 1928 auf der Berliner Avus vor 3.000 Zuschauern markierte den Beginn einer sehr speziellen Tempo-Ära. Das mit zwei imposanten Abtriebsflügeln ausgestattete Fahrzeug ähnelte einer schwarz lackierten Zigarre. 24 Pulverraketen mit insgesamt 120 kg Sprengstoff verhalfen dem RAK 2 zu einer spektakulären Beschleunigung. Durch kontrollierte Zündung der verschiedenen Raketenstufen erreichte Fritz von Opel eine Geschwindigkeit von 238 km/h. Dieser Erfolg führte zu weiteren Raketenexperimenten auf Schienen und zu Wasser. Im September 1929 setzte der so genannte Raketen-Fritz mit seinem seinen ersten bemannten Raketenflug einen weiteren Meilenstein. Diesmal jedoch in der Geschichte der Luftfahrt.
Löbner Steelracer
Die in allen Fällen erfolgreiche Zeitnahme durch Löbner faszinierte Matthias Düwel. Zusammen mit einem Team verwendete der Starnberger Rechtsanwalt und Unternehmer ganze fünf Jahre auf den Relaunch der zwischenzeitlich weitgehend in Vergessenheit geratenen Traditionsmarke Löbner samt der zugehörigen Startkollektion. Dass es sich bei den Steelracer und Rocketman von Löbner um Chronographen handelt, ist ebenso logisch wie die Tachymeterskala im schmalen Glasrand. Sie eignet sich zum Stoppen von Durchschnittsgeschwindigkeiten über eine Meile oder einen Kilometer hinweg.
42,5 Millimeter misst das 14,3 Millimeter hoch bauende Stahlgehäuse. Die Besonderheit der Schale mit großflächigen Tasten zum Starten, Stoppen und Nullstellen besteht in einem patentierten, sledge getauften Schieber zum Abdecken der bei regelmäßigem Tragen nur höchst selten benötigten Aufzugs- und Zeigerstellkrone.
Dank Rotoraufzug generiert das in der Schweiz produzierte Automatikkaliber L6223 während des Tragens seine eigene Energie. Beim Blick durch den Saphirglas-Sichtboden entdecken Kenner konstruktive Elemente des altbekannten und -bewährten Valjoux 7750. Dessen Schaltkulisse ist in diesem Fall durch ein großflächiges Schaltrad ersetzt. Als Lieferant des Uhrwerks zeichnet der Spezialist La Joux-Perret verantwortlich.
Dessen Automatikkaliber L112 trägt auf der Vorderseite ein kleines Modul zum Verlegen der Zeiger für Stunden und Minuten aus dem Zentrum in Richtung „10“. Mit diesem Kunstgriff tritt die von Löbner gepflegte Kurzeitmessung in den Vordergrund.
Nach Betätigung der oberen (Start-) Taste setzt sich der zentrale Chronographenzeiger in Bewegung. Mit von der zeitschreibenden Partie sind bei „3“ ein 30-Minuten- und bei „6“ ein 12-Stunden-Totalisator. Deren Zeiger rotieren in leicht tiefergesetzten Feldern. Vier Hertz Unruhfrequenz gestatten Stoppvorgänge auf die Achtelsekunde genau.
Stimmiges Design
Wie üblich dreht die in diesem Fall sehr zurückhaltend auftretende Permanentsekunde ihre Runden bei „9“. Korrekterweise besitzen die drei Zeit-Zeiger eine andere Farbe als das für die Stoppfunktion zuständige Trio. Zur besseren Ablesbarkeit bei Dunkelheit trägt das Duo für Stunden und Minuten die nicht radioaktive Leuchtmasse Super-LumiNova.
Einwandfrei sind auch die Längen der Zeiger in Bezug auf die Indexierung des Zifferblatts. Somit lässt sich mit Fug und Recht von einem stimmigen Design sprechen. Ob das Gesamtkunstwerk gefällt, ist wie immer eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Dem Druck des nassen Elements widersteht die alles in allem rund 175 Gramm wiegende Armbanduhr bis zu zehn bar. Gehäuse und Armband mit Doppelfaltschließe bestehen aus Edelstahl 316L. Auf Zifferblatt und Zeiger sowie rückwärtig auf das Uhrwerk blickt man durch Saphirglas. Apropos Uhrwerk: Dessen durchbrochen ausgeführter Kugellagerrotor mit äußerem Schwermetallsegment spannt die Zugfeder in einer Drehrichtung. Nach Vollaufzug stehen rund 60 Stunden Gangautonomie zur Verfügung. Eine Schwingtriebkupplung stellt die Verbindung zwischen Uhrwerk und Stoppfunktion her.
Übrigens erfolgen Montage, Reglage und Endkontrolle der Uhren im sächsischen Glashütte.
Die puristische Stahlversion von Löbner gibt es für durchaus ambitionierte 13.800 Euro als Steelracer black und Steelracer blue. Nur 50 Exemplare entstehen vom schwarzen Löbner Rocketman. Mit PVD-Beschichtung auf der Schale und Kautschukband sind 14.800 Euro zu zahlen.
Gute Beziehungen, der überzeugende Mix aus Tradition und Moderne sowie das zukunftsorientierte Gesamtpaket mit weiteren Uhren in den kommenden Jahren trugen dazu bei, dass die neuen Armbanduhren vom Start weg bei Juwelier Bucherer in Berlin, Frankfurt, München, Wien, Zürich, Paris, New York und Las Vegas erhältlich sein werden.
Uhrenkosmos Wochenschau
Wer auch die letzte Uhrenkosmos Wochenschau Nr. 13 lesen möchte, findet folgende Beiträge. Es geht um die Umsätze der Uhrenindustrie im deutschsprachigen Raum und den ersten dunklen Wolken am Horizont, was in einer globalisierten Welt aber nichts heißen muss. Außerdem zeigen wir 2 interessante Uhren, die Bell & Ross Chronograph BR 03-94 Blacktrack sowie den Eberhard Scientigraf Chrono. Plus – eine bahnbrechende Meldung der GPHG von zweifelhafter Natur. Aber lesen Sie selbst hier auf Uhrenkosmos.
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