Kering verkauft Girard-Perregaux und Ulysse Nardin
Als die Meldung die Runde machte, dass der Luxuskonzern Kering die Marken Ulysse Nardin und Girard-Perregaux abgibt, liefen just die ersten Uhrenvorstellungen der Watch Week des großen Wettbewerbers LVMH. Der Kontrast der beiden Luxusmarken könnte nicht größer sein. Während die LVMH Uhrenmarken Bulgari, Hublot, TAG Heuer und Zenith ihre Neuheiten vorstellten und dank wirtschaftlicher Prosperität vor Selbstvertrauen strotzen, musste Kering bei seinen beiden Uhrenmarken die Fahne einholen. Konkret gesagt wurde die Sowind Gruppe, bei der die beiden Uhrenhersteller Ulysse Nardin und Girard-Perregaux angesiedelt waren im Zuge eines Management-Buy-outs and das aktuelle Management verkauft.
Allerdings wäre es unseriös zu behaupten, dass der Verkauf der Marken überraschend kam. Vielmehr wurden bei Kering seit längerem alle Optionen geprüft, wie man sich am schnellsten und besten vom Fehlinvestment der beiden Marken befreien könnte. Die beiden mehr Lifestyle orientierten Marken Gucci sowie die Schmuckmarke Boucheron will Kering jedoch im Konzern belassen. Allerdings kann man ohne Bösartigkeit feststellen, dass Gucci eben keine große Uhrenmarke ist. Vielmehr verkauft Gucci neben viel Fashion, Accessoires und Parfums auch Uhren. Bei Boucheron stellt sich sogar die Frage, ob es noch eine wichtige Schmuckmarke ist oder bereits eine durchaus erfolgreiche Parfummarke..
Bei einem geschätzten gemeinsamen Umsatz von Ulysse Nardin und Girard-Perregaux von klar unter 300 Millionen Franken ist der Umsatzverlust für Kering zu verkraften. Den Schmerz erträglicher macht ebenfalls der Umstand, dass die beiden Marken nicht an den großen französischen Wettbewerber gehen. Die Swatch Group und die Richemont Gruppe hatten ebenfalls beizeiten abgewunken, kennen Sie doch das Problem, dass nicht alle Marken zu den Profiten beisteuern. Somit war die Lösung eines Management-Buy-outs definitiv das kleinste Übel – aber gleichwohl teuer.
Der große Plan
Als einst im Jahr 2008 und 2011 in mehreren Schritten die Marke Girard-Perregaux von den Macaluso-Erben und im Jahr 2014 die Marke Ulysse Nardin von den Erben von Rolf Schnyder zur Kering Gruppe geholt wurden, hatte man noch von starken Synergien, steigenden Uhrenverkäufen und blühenden Landschaften geträumt. Uhren galten als sicheres Geschäft, insbesondere bei zwei Marken, die über eine solch ausnehmend lange und reiche Firmenhistorie besitzen.
Allerdings verlangen auch bekannte Marken nach Führung und Leidenschaft, sowie die Bereitschaft diese Marken mit Leben zu füllen. Die Führungspersönlichkeiten Rolf Schnyder und Luigi Macaluso konnten bei ihren Marken diese Wirkung entfalten. Im Konzern taten sich Girard-Perregaux und Ulysse-Nardin hier schon schwerer und die Verkaufszahlen blieben weit hinter der Erwartung zurück.
Was Kering für die beiden Marken ursprünglich bezahlt hat, ist nicht bekannt. Die Schätzungen gehen von 500 bis 800 Millionen Franken. An solch eine Summe ist angesichts der aktuellen Verluste beim Management-Buy-out nicht mehr zu denken. Vielmehr wird man froh sein, nicht die gesamte Summe abschreiben zu müssen.
Ebenso fehlen noch alle Details der Finanzierung, die Patrick Pruniaux, der das Management der beiden Marken seit 2018 innehatte, auf die Beine stellen muss. Aber an Geld und Wachstumsphantasie sollte es angesichts der aktuellen Finanzmärkte und Aktienkurse nicht fehlen. Man darf somit gespannt sein, wie der Weg von Girard-Perregaux und Ulysse Nardin weitergeht.
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