Frei-Zeit in der Luft

Junghans Pilot Automatic: 3 Uhren und ihre fliegenden Vorgänger

In drei verschiedenen Versionen offeriert der Uhrenhersteller aus Schramberg das Modell Junghans Pilot Automatic. Je nach Ausstattung liegen die Preise liegen bei 1.990 und 2.090 Euro. Das sind die drei neuen Modelle und die fliegertechnischen Anfänge der Pilotenuhren.

von | 05.06.2024

Auf und davon

Einen Chronographen besitzt sie nicht, die neue Junghans Pilot Automatic. Aber den braucht es im Zeitalter von Smartphones auch nicht. Die Möglichkeit der Kurzzeitmessung gehört hier zur Standardausstattung.

Von solchen Hilfsmitteln konnten Clément Ader, Italo Balbo, Didier Daurat, Marcel Doret, Amelia Earhart, James C. Fitzmaurice, Jean Gonot, Henri Guillaumet, Hermann Köhl, Otto Lilienthal, Charles Lindbergh, Jean Mermoz, Roland Rohlf, Antoine de Saint-Exupéry, Alberto Santos-Dumont sowie Orville und Wilbur Wright nur träumen. Sie alle einte die unstillbare Leidenschaft fürs Fliegen. An Bord ihrer teilweise halsbrecherisch anmutenden Flugmaschinen wagten sie das scheinbar Unmögliche. Oder sie pflegten die Grenzen des Machbaren immer wieder aufs Neue auszuloten.

Alberto Santos-Dumont_1907

Alberto Santos-Dumont, 1907

Davon, dass die Zeit dabei eine wichtige Rolle spielt, wussten die Genannten ein ganz spezielles Lied zu singen. Alberto Santos-Dumont etwa beklagte sich darüber, dass er am Steuer seiner Flugmaschine die Zeit mit seiner Taschenuhr nicht besonders gut unter Kontrolle habe. Als Charles Lindbergh nach seinem spektakulären 33,5-Stunden-Flug in Le Bourget bei Paris gelandet war, wusste er sehr detailliert um die Bedeutung präziser Zeitmesser für die die Langstrecken-Aviatik. Und 1942 schrieb Antoine de Saint-Exupéry in seinem „Flug nach Arraz“: Ich zähle die Zeigerstellungen, die Griffe, die Knöpfe, die Hebel in meinem Reich. Ich zähle hundertdrei Dinge zum Nachsehen, Ziehen und Drücken.“

Antoine de Saint Exupery

Antoine de Saint Éxupéry

Von selbst mag sich an dieser Stelle verstehen, dass schlecht ablesbare Cockpit-Uhren grundsätzlich, vor allem aber in brenzligen Situationen höchst problematisch sein konnten.

Junghans Borduhr Flieger Chronograph BW111 und Pilot Automatic C Uhrenkosmos

Junghans Borduhr um 1940, Flieger-Chronograph BW111von 1959 und Pilot Automatic 2024

Zeit an Bord

Das sind nur einige Beispiele dafür, warum die einschlägig befasste Industrie, darunter auch Junghans, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spezifisch gestaltete Fliegeruhren entwickelte. Zeitmesser, bei denen Widerstandsfähigkeit, Präzision, Funktionalität und Ablesbarkeit einen weitaus höheren Stellenwert besaßen als schmückende Aspekte. Knallharte Bedingungen in den Flugzeugkanzeln verlangten den tickenden Instrumenten in der Tat einiges ab. Kälte oder Hitze, Halbdunkel oder gleißendes Licht, Vibrationen und Magnetfelder: All dem mussten sie sich möglichst klaglos widersetzen. Und einige Spritzer Treibstoff sollte ihnen tunlichst auch nichts anhaben können.

Inzwischen liegen die Dinge etwas anders. Abgesehen von wenigen Ausnahmen gelten Cockpits als Komfortzonen, in denen moderne Elektronik den Piloten viele der ursprünglichen Arbeiten abnimmt. Das Global Positioning System (GPS) meldet unmissverständlich, wo man sich gerade befindet. Computer liefern Informationen Flughöhen, Geschwindigkeiten, Reichweiten oder Kraftstoffverbrauch. Fliegeruhren der überlieferten Art sind heute im Grunde genommen verzichtbar. Natürlich kann es sein, dass sich die Elektronik ganz verabschiedet. Aber für diesen seltenen Fall besitzt modernes Fluggerät redundante Systeme. 

Junghans Pilot Automatic 27-4490.00

Junghans Pilot Automatic Ref. 27-4490.00, unverbindlich 1.990 Euro

Obwohl sie aus rein funktionalen Gründen heutzutage also niemand mehr wirklich benötigt, erfreuen sich Fliegerarmbanduhren weiterhin großer Beliebtheit. Das liegt sicher auch an ihrer Optik mit Blickfang-Charakter. In Zeiten, da klimatisierte Kabinen mit Druckausgleich, komfortable Sitze, spannende Filme, wohlschmeckende Bordmenüs und erlesene Getränke den Langstreckenflügen ihren Horror nehmen, vermitteln diese markanten Zeitmesser zumindest die Illusion einstigen Pioniergeists. Beim Ablesen der Zeit denkt man spontan an eine scheinbar grenzenlose Freiheit hoch über den Wolken.

 

Junghans Flieger-Chronograph Typ BW111

Junghans Flieger-Chronograph Typ BW111, 1969

Fliegen mit Junghans

Mit Fliegeruhren fürs Handgelenk beschäftigte sich Junghans ab 1956, als die ersten Stäbe und Einheiten der jungen Deutschen Bundeswehr Entsprechendes benötigten. In diesem Zusammenhang hatten sich die Beamten des zuständigen Bundesbeschaffungsamtes wegen der Lieferung auch an die in Schramberg beheimatete Manufaktur gewandt. Per annum fertigte Junghans damals circa 70.000 Armbanduhren.

Die Krönung der Mechanik-Palette verkörperte das 1949 vorgestellte Chronographenkaliber J88 mit Schaltradsteuerung, Räderkupplung und Breguetspirale.  Selbiges tickte auch in der 1959 vorgestellten Armbanduhr Typ BW 111 mit zwölfeckigem Glasrand. Dieser augenfällige Stopper mit hohem Wiedererkennungswert verkörpert den traditionellen Junghans-Fliegerchronographen schlechthin. Selbiger stand Pate für entsprechende Retromodelle, siehe hier im Uhrenkosmos, sowie die eingangs angesprochene Pilot Automatic.

Junghans CEO Hannes Steim im Cockpit und Junghans Pilot Automatic 27-4495.00

Junghans CEO Hannes Steim im Cockpit und der Junghans Pilot Automatic Ref. 27-4495.00, 1.990 Euro

Deren Genese verknüpft sich mit Hannes Steim. Der aktuelle Junghans Mit-Eigentümer und CEO besitzt eine Lizenz zum Fliegen und weiß daher genau, was hoch in den Lüften perfekt ans Handgelenk passt. Unkompliziertes Hilfsmittel zum Notieren beispielsweise der Abflugzeit ist der in beiden Richtungen verstellbare Flieger-Drehring mit zwölf konkaven Griffmulden. Ratz-fatz lässt sich der Merkpfeil gegenüber der Spitze des Minutenzeigers positionieren. Die entsprechende Skalierung macht das Ablesen der verstrichenen Zeitspanne zum Kinderspiel. Bei längeren Flugzeiten wandert der Merkpfeil ganz einfach zum Stundenzeiger.

Junghans Pilot Automatic

Die drei Versionen der Junghans Pilot Automatic

Junghans Pilot Automatic

Erhältlich ist diese automatische Junghans Pilot Uhr in drei verschiedenen Ausführungen. Alle eint optimale Ablesbarkeit. Durch die üppige Verwendung nicht radioaktiv strahlender Leuchtmasse gelingt das Ablesen der Zeit auch bei Dunkelheit. Das verbaute Automatikkaliber J800.1.6 mit 38 Stunden Gangautonomie, kleiner Sekunde und sektorförmigem Fensterdatum unterhalb der “12” basiert im Übrigen auf dem bewährten Sellita-Kaliber SW261.

Sellita Automatikkaliber SW261-1

Sellita Automatikkaliber SW261-1

In jedem Fall misst das mit einem bombierten sowie entspiegelten Saphirglas ausgestattete Edelstahlgehäuse 43,3 Millimeter. (Die Herstellung von Saphirgläsern und Saphirgehäusen erklären wir hier auf Uhrenkosmos.)
Am Handgelenk trägt es 12,5 Millimeter auf. Bis zu zehn bar Druck reicht die Wasserdichte.
Der massive Schraubboden zeigt einen Vintage-Doppeldecker. Sicheren wie komfortablem Halt am Handgelenk gewährleistet ein genietetes Lederband. Dessen Farbe ist auf die des Zifferblatts abgestimmt.

Junghans Pilot Automatic 27-4491.00 Rückseite

Junghans Pilot Automatic 27-4491.00 Rückseite

Nun aber heißt es wählen:
Jeweils 1.990 Euro kosten die Junghans Pilot Automatic Referenzen 27/4490.00 und 27/4495.00. Beide verfügen über eine unbeschichtete Gehäuseschale aus Edelstahl. Der Unterschied besteht in der Farbe von Zifferblatt und Leuchtmasse. Dunkelgrau bzw. Dunkelgrün? Das ist hier die Frage.

Junghans Pilot Automatic 27-4491.00 und 27-4495.00 (C) Uhrenkosmos

Junghans Pilot Automatic Ref. 27-4491.00 und 27-4495.00, jeweils unverbindliche EUR 1.950

Das Schwarz der für unverbindliche 2.090 Euro erhältlichen Junghans Pilot Automatic, Referenz 27/4491.00, resultiert aus einer abriebfesten DLC-Beschichtung. Ist die Entscheidung für ein Exemplar dieses Trios gefallen, fehlt nur noch das Ticket zum schnellstmöglichen Abheben.

Junghans Pilot Automatic 27-4491.00 Detail Zifferblatt

Junghans Pilot Automatic Ref. 27-4491.00, Stahl mit DLC-Beschichtung, unverbindliche 2.090 Euro

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