Von einer Passion zur eigenen Uhrenmarke
Seit einigen Wochen trage ich gelegentlich eine Sportuhr am Handgelenk, deren knappe Signatur BND in Deutschland an den Bundesnachrichtendienst erinnert. Natürlich bestehen hier keinerlei Zusammenhänge. Die drei Buchstaben sind ein Kürzel für Bonnaud. 2021 rief der Franzose mit Vornamen Vincent seine Firma BND Watches ins Leben. Auslöser war die unstillbare Liebe zu Taucheruhren aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Beredte Beispiele sind die 1953 lancierte und später von Geheimagent James Bond 007 getragene Rolex Submariner oder die im Folgejahr 1954 vorgestellte Tudor Oyster Prince Submariner, Referenz 7922.
Beseelt von seiner Passion, trug Vincent Bonnaud einige Armbanduhren dieser Art in einer Sammlung zusammen. Irgendwann wuchs der Wunsch nach etwas ganz Eigenem. Zur Finanzierung seiner Uhrenmarke verkaufte er die Schätze, darunter eine Rolex Submariner Kermit mit grünem Glasrand. Mit dem solcherart vereinnahmten Geld entstand die erste Kollektion. Zum Start legte BND Watches drei limitierte und nummerierte Serien zu jeweils 150 Exemplaren auf.
Vollständig zufrieden zeigte sich der Jungunternehmer mit seinen tickenden Erstlingswerken indessen nicht. Kundenresonanz und das Tragen am eigenen Handgelenk offenbarten Möglichkeiten gezielter Evolution. Selbige kennzeichnete bereits den Produkt-Jahrgang 2022, welchen ich nun einige Wochen lang getestet und nicht zuletzt auch wegen des Publikumspreises von rund 542 Euro durchaus empfehlen kann.
Maritime Bezüge
Von ungefähr kommt die Referenzbezeichnung der Zeitmesser mit moderaten 39,5 Millimeter Durchmesser und 13,5 Millimeter Gesamthöhe nicht. MN, die ersten beiden Buchstaben weisen auf die Marine Nationale Française, also die Marine seines Heimatlands Frankreich hin. Hinzu gesellen sich drei weitere Buchstaben zur Kennzeichnung der Zifferblattfarbe. BLU steht für Blau, BLA für Schwarz und BRO für Braun.
Ein Anker symbolisiert die Liebe zum nassen Element, dem die Schalen aus gebürstetem Edelstahl 316 L bis zu 20 bar Druck problemlos widerstehen. In Anlehnung an die klassischen Vorbilder gibt es einen Flankenschutz für die mit dem Firmenlogo versehene Schraubkrone. Eine weitere Reminiszenz an die Vergangenheit sind durchbohrte Bandanstöße. Dadurch lassen sich die Federstege mit Hilfe eines dünnen Dorns oder auch einer aufgebogenen Büroklammer leicht entfernen.
Normalerweise ist das jedoch nicht nötig, denn Vincent Bonnaud liefert seine Uhren mit einem Nylonband im bekannten Nato-Stil. Deren Farbe korrespondiert mit dem Zifferblatt. Die Mitte durchzieht ein sandfarbener Streifen, welcher ein wenig an die Textilbänder aus dem Hause Tudor erinnern.
Wie es sich für eine (in diesem Fall ganz bewusst nicht reinrassige) Taucheruhr gehört, lässt sich die fein geriffelte Lünette in Halbminuten-Schritten nur entgegen dem Uhrzeigersinn verstellen. Das Einrasten erfolgt dabei deutlich spürbar. Ebenso wie die Glasrand-Indexierung trägt auch jene des Zifferblatts eine nostalgisch anmutende Super-LumiNova Leuchtmasse.
Natürlich erstrahlen auch die drei zentral rotierenden Zeiger für Stunden, Minuten und Sekunden bei nachlassender Helligkeit. Auf sie schaut man bei der optimierten zweiten Version durch ein bombiertes und entspiegeltes Saphirglas. Positiv fällt in diesem Zusammenhang auf, dass Vincent Bonnaud wohl auch eine wirksame Beschichtung gegen hässliche Fingerabdrücke auf das kratzfeste Glas auftragen lässt.
Wer mehr über die heutige Herstellung von künstlichem Saphir und Saphir-Uhrgläsern wissen möchte, dem sei dieser interessante Artikel über die komplexe Saphirglas-Herstellung und deren Weiterverabreitung empfohlen.
Japanische Zeit-Mechanik
Einen Blick auf das im Gehäuseinneren verbaute Automatikwerk gestattet der massive Schraubboden nicht. Wegen seiner Wasserdichte wollte ich die Schale nicht öffnen, um die Ver- und Bearbeitung des japanischen Kalibers NH35A zu studieren. Daher an dieser Stelle nur ein Beispielbild.
Das Automatikwerk mit dem dank Magic Lever beidseitig wirkenden Kugellagerrotor stammt von Time Module Inc. (TMI), einer 1987 gegründeten Tochtergesellschaft der Seiko Group Corporation. 2008 ging die mechanische Standardlinie NHxxx, zu der besagtes NH35A gehört, an den Start. Bei rund 27 Millimetern Durchmesser baut das mit einem Sekundenstopp ausgestattete Werk 5,32 Millimeter hoch. Stündlich 21.600 Halbschwingungen vollzieht die Ringunruh zusammen mit der hauseigenen Flachspirale.
Nicht zuletzt auch wegen der für heutige Maßstäbe doch relativ niedrigen Unruhfrequenz von drei Hertz nennt TMI im Produktblatt selbst tägliche Abweichungen im doch recht breiten Spektrum zwischen – 20 und + 40 Sekunden. Ein Wunder an Ganggenauigkeit habe ich mir von diesem Zeitmesser also nicht erwartet. Am Ende war ich jedoch positiv überrascht, denn über die Wochen des Tragens hinweg ging meine MNBRO im Laufe eines Tages durchschnittlich sieben Sekunden vor.
Mit dieser Gangabweichung lässt sich meiner Meinung nach recht gut leben. Schließlich offeriert BND diese wiederum in drei 150-er Serien aufgelegte Armbanduhr inklusive Mehrwertsteuer, Porto und zweijähriger Garantie für 541,45 Euro. Nummeriert sind die Gehäuse inzwischen allerdings nicht mehr.
BND Watches
Hier käme mein Fazit: Am Tragekomfort eines rund 80 Gramm wiegenden BND Watch Zeitmessers lässt sich nichts aussetzen. Die Länge und Proportionen der Zeiger und Zifferblatt-Indexierung stimmen. Auch die Haptik gefällt. Ungebührlich scharfe Kanten sind nicht zu erspüren. Um seine Manschetten muss man sich also keine Sorgen machen.
Das Handling der Aufzugs- und Zeigerstellkrone gestaltet sich ebenfalls einfach. Geschmacksache ist wie üblich die Farbe des Zifferblatts und Armbands. Persönlich finde ich das spezielle Braun durchaus außergewöhnlich. Es fällt auf, und auf meine BND MNBRO wurde ich nicht nur einmal angesprochen. Übrigens konnten sich auch Frauen dafür erwärmen. Folglich sind Menschen mit begrenztem Budget und Faible für eine alltagstaugliche sowie nostalgisch anmutende Armbanduhr bei BND gut aufgehoben.
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