Wenn man eine Banane mit Klebeband an eine Wand klebt, diese leicht für ein paar Millionen verkaufen kann, sollte mein Letter from London eigentlich auch einige Hunderttausend Euro wert sein. Auch wenn er nicht so viel Kalium enthält. Womit auch schon einiges über die neue Audemars Piguet X KAWS Companion Royal Oak Concept Tourbillon gesagt ist.
So war ein milliardenschwerer Krypto-Bruder ohne Zögern bereit, den Preis einer luxuriösen Großstadtvilla für einen nachdenklich stimmenden Kommentar zur Gesellschaft zu zahlen. Was den Umstand, dass Uhrenliebhaber sechs- oder siebenstellige Beträge für eine aus der Reihe fallende Uhr zahlen, fast schon fast wieder rational erscheinen lässt.
Aber die Kunstwelt war für Außenstehende schon immer größer, verrückter und kaum verständlich. Und es gibt einige Menschen in der Schweiz, die ihr Bestes tun, um diese Lücke zu schließen.
Wobei ich den immensen Erfolg des Graffiti-Artist KAWS und seiner Figur Companion, hinter dessen zufällig gewählten Buchstaben sich der zwischen Pop-Art und Popkultur changierende amerikanische Künstler Brian Donnelly verbirgt, nicht infrage stellen möchte. Hat dieser doch ein inzwischen ausnehmend erfolgreiches, einzigartiges Universum aus Kunst, Kommerz und Produktdesign geschaffen.
Audemars Piguet X KAWS
Wer gedacht hatte, dass sich Audemars Piguet unter Neu-CEO Ilaria Resta von heißdiskutierten Kooperationen abwenden würde, die die Fähigkeit der Uhrenliebhaber auf die Probe stellt, sich einer wahren Uhrenikone hinzugeben, irrte.
Wobei nicht die technische Fähigkeit, einen Avatar oder eine Cartoonfigur originalgetreu und sorgfältig im Maßstab einer Royal Oak Concept Uhr umzusetzen, das Problem ist. Was sowohl die Marvel-Kollaborationen von Audemars wie auch die neue limitierte Audemars Piguet X KAWS Companion Royal Oak Concept Tourbillon Uhr zeigt. Der von vielen Uhrenliebhabern geäußerte Unmut liegt vielmehr daran, um einen Vergleich zu bemühen, dass man eine Sterneküche bittet, einen McDonald’s-Burger zuzubereiten.
Pop-Art Welt
An dieser Stelle möchte ich ergänzen, und um den Vergleich von KAWS mit einem Fast-Food-Riesen zu relativieren, dass ich nicht hier bin, um über den individuellen Kunstgeschmack anderer Menschen zu urteilen. Sie können KAWS lieben und haben jedes Recht dazu. Aber selbst ein eiserner Verteidiger des Künstlers muss doch zugeben, dass KAWS nicht unbedingt zur Haute Horlogerie passt. Lobpreist diese Branche doch sonst stets die Tugenden der feinen Handwerkskunst.
Überdies wird das Werk KAWS von seinen Kritikern als Sammlung von Arbeiten mit wenig Tiefe und verborgener Bedeutung abgetan, als eine Art kommerzialisierte Wohlfühl-Kunst kritisiert, die nicht zur Reflexion einlädt, wie es etwa die Arbeiten von Andy Warhol taten – als Kunst für Menschen, die Banksy für zu intellektuell herausfordernd halten. Andererseits sieht die große Anzahl der KAWS-Anhänger genau in dieser Zugänglichkeit und der Anti-Eliten-Haltung eine große Stärke des Künstlers. Nicht umsonst erzielen die Werke des Künstlers enorm hohe Preise.
Wenn Sie mich persönlich fragen, sehe ich in seinen Arbeiten weniger diese Integrität als eine gewisse Reizlosigkeit und die fast vorsätzliche Weigerung, sich dem Gedanken zu verschreiben, dass Kunst Bedeutung vermitteln kann. Aber lassen wir meinen persönlichen Kunstgeschmack einmal dahingestellt.
Meine hauptsächliche Irritation besteht im Zusammengehen der bildenden Kunst mit der Uhrmacherkunst von AP. Also der erheblichen Dissonanz zwischen der reproduzierbaren, synthetischen und sehr oberflächlichen Pop-Art Welt einer KAWS-Figur einerseits und der großen Bedeutung feiner Uhrmacherei, wie man sie einer Uhr von AP beimisst.
Audemars Piguet X KAWS Companion
Auf einer anderen Ebene ist die Zusammenarbeit im Zuge der Audemars Piguet X KAWS Companion unvermeidlich. Denn KAWS ist meines Erachtens weniger ein Künstler als vielmehr eine internationale Marke. Ein Logo und ein Statussymbol, das sich erheblich mit der Lebens- und Markenwelt von vielen Audemars Piguet, Hublot und Richard Mille-Sammlern überschneidet. Nicht umsonst hat KAWS bereits mit Supreme, Dior, Pharrell und anderen großen Brands zusammengearbeitet. Dazu ist er finanzierbar, wird von vielen Kritikern in den Himmel gelobt und ist daher für eine Uhrenmarke, die sich als Provokateur unter ihresgleichen sieht, die ideale Ergänzung.
Es ist somit kein Zufall, dass etwa Vacheron Constantin mit dem Louvre oder AP eben mit KAWS zusammenarbeitet. Noch lässt sich sagen, dass die eine Kooperation besser als die andere ist. Vielmehr steht hinter den Kunstprojekten der jeweils eigene Weg, den die zwei Luxus-Marken für sich gefunden haben, um mit der Kunstwelt in Kontakt zu treten.
Audemars Piguet X KAWS Companion Royal Oak Concept Tourbillon
Wahrscheinlich wird die Audemars Piguet X KAWS Royal Companion ein weiterer großer Erfolg. Womit man AP nicht das Gespür dafür abstreiten kann, zu erkennen, was garantiert verkauft. Was gerade in diesen Zeiten ein starkes Argument ist, finde ich. Insbesondere dann, wenn die wesentlichen Eigenschaften, die ich an einer Marke liebe, weiterhin existieren und ich meine Royal Oak Jumbo, Universelle oder ReMaster 02 ungestört genießen kann. Entsprechend voreilig und falsch wäre es daher zu sagen, dass solche Kooperationen den Markenwert von AP zerstören.
Zudem sollten wir nicht vergessen, dass die Marke erst vor einem Jahr den Hauptpreis beim GPHG für eine der beeindruckendsten, konventionellen Uhren gewonnen hat, die viele von uns seit sehr langer Zeit gesehen haben. Ex-CEO François-Henry Bennahmias hatte eben die Fähigkeit, die beiden Facetten der Markenidentität von Audemars Piguet – einerseits herausragende Uhrmacherkunst, andererseits Popkultur-Elster – im Gleichgewicht zu halten und die Marke auf immer höhere Erlösebenen zu führen.
Dies war auch Bennahmias Nachfolgerin Ilaria Resta klar, die darüber zu entscheiden hatte, ob sie die Audemars Piguet X KAWS Zusammenarbeit und den Drahtseilakt der Marke weiter fortzusetzen wollte. Ungeachtet einiger kritischen Stimmen, die die Abhängigkeit von AP von limitierten, allerdings oft nur regionalen Auflagen, beanstanden, scheint die neue Audemars Piguet CEO Spitze genau diesen Weg weiter zu verfolgen. So reitet AP weiter auf dem wilden Tiger. Wobei ich mich schon manchmal frage: Ob dies gut geht?
Audemars Piguet X KAWS Companion Edition
Werfen wir vor einer möglichen Antwort doch einen genaueren Blick auf die Audemars Piguet X KAWS Companion Uhr, die als Royal Oak Concept seit ihrer Einführung im Jahr 2002 stets für überraschende und ungewöhnliche Uhren mit nicht alltäglichen technischen Lösungen aufwartete. Zunächst fällt das 43 mm große Gehäuse aus Titan auf, dessen Schrauben eine ungewöhnliche X-Schlitzung aufweisen. Unter dem entspiegelten Saphirglas zeigen sich die typische, auf der Hauptplatine angebrachte dreidimensionale KAWS Compagnion Figur mit kreuzförmigen Schlitzen statt Augen sowie zwei Hände. Unterhalb des Kopfes mit seinen charakteristischen Mickey-Mouse-artigen Ohren sieht man, anstelle eines Mundes, ein frontal sichtbares 60-Sekunden Tourbillon. Mehr Infos und Bilder des Herstellers gibt es hier.
Die Anzeige der Zeit erfolgt dabei nicht über konventionelle Zeiger, vielmehr lässt sich anhand zweiter, übereinander angebrachter peripheren Stunden- und Minuten-Dreiecke die Zeit mithilfe der Indexe auf der skelettierten Rehaut-Zifferblattschräge aus Titan ablesen. Den Antrieb der Dreieckszeiger übernehmen frontal sichtbare Zahnräder, wobei die Behelfszeiger mit im Dunkeln blau leuchtender Leuchtmasse ausgestattet sind.
AP2979
Technisch betrachtet liefert das 3 Hz Handaufzugskaliber AP2979 neben der notwendigen Energie für den Umlauf der Dreieckszeiger eine komfortable Gangreserve von 72 Stunden. Durch die unter dem bis 100 Meter wasserdichten Saphirglas sichtbare PVD-schwarze, kissenartige Gestaltung des Werkunterbogens mit 4-speichigem Sperrrad, sowie die dreidimensionale Gestaltung der KAWS-Figur auf dem Zifferblatt ist hat die AP X KAWS Companion eine durchaus stattlich zu nennende Bauhöhe von 17,4 mm. Aber es geht schließlich auch um ein ostentativ zu tragende it-piece und keine leise Dresswatch, die unter der Hemdmanschette zu verschwinden hat.
Audemars Piguet X KAWS
Zur Auslieferung kommt die mit einem Schnellwechsel-System ausgestattete Uhr mit einem zum hellgrauen Titan passenden hellgrauen Kalbslederarmband mit Textilstrukturprägung sowie einem schiefergrauen Ersatz-Kalbslederarmband mit Faltschließe aus Titan. Die Auflage der Uhr ist auf weltweit 250 Uhren limitiert und der Verkaufspreis der Uhr liegt bei 200.000 Schweizer Franken plus länderspezifischer Mehrwertsteuer.
So betrachtet, ist es keine Kunst zu verstehen, warum man diesem Kunstprojekt die volle mediale Unterstützung seitens Audemars Piguet gibt. Nicht zuletzt daran zu erkennen, dass man auch in Le Brassus das AP-Gebäude zum Launch der Uhr im November 2024 mit einer überdimensionalen KAWS „Companion“ Figur versah.
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