Anonimo Uhren und ihre Geschichte

Anonimo Nautilo 42 Millimeter und Nautilo Vintage: 2 Taucheruhren aus Florenz

Die beiden Taucheruhren Anonimo Nautilo 42 und Anonimo Nautilo Vintage stehen für den maritimen Charakter der Marke. Aber erst ein Blick in die Geschichte von Anonimo zeigt, dass die Uhren mehr mit Panerai gemeinsam haben, als das großformatige Gehäuse.

von | 11.11.2021

Kunst, Kultur und Uhrmacherei in Florenz

Wenn sich die Dinge um Uhren aus Florenz drehen, werden Kennern im ersten Moment sicher nicht die Uhren Anonimo Nautilo 42 oder Anonimo Nautilo Vintage einfallen. Stattdessen wird sachkundigen Uhrenliebhabern spontan natürlich die Uhrenmarke Panerai einfallen. Bekanntlich reicht die Geschichte des einstigen Familienunternehmens zurück bis 1860. Und doch haben die Marken mehr Gemeinsamkeiten als man meint. Dafür ist es jedoch nötig die Zeit etwas zurückzuspulen. 

Historisch Interessierte werden sich an Giovanni de Dondi und seine komplizierte Planetenuhr aus dem 14. Jahrhundert erinnern. Im gleichen Jahrhundert begründete Lorenzo della Volpaia eine ganze Dynastie von Handwerkern, welche sich mit Zeitmessung und astronomischen Instrumenten beschäftigte. Und dann gab es in Florenz ja auch noch Leonardo da Vinci und Galileo Galilei. Beide beeinflussten durch ihre grundlegenden Arbeiten die Uhrmacherei ganz entscheidend. Diese Beschäftigung mit Mechanik und Präzisionsinstrumenten stand auch am Anfang der von Panerai zusammen mit Rolex entwickelte Panerai Radiomir, einer wasserdichten Armbanduhr für italienische Kampftaucher im Jahr 1936. Sie legte den Grundstein für das Überleben der Nischenmarke Panerai in den kommenden Jahrzehnten.

Dino Zei

Auf Geheiß der Behörden, denn Panerai war ja Zulieferer der italienischen Marine übernahm schließlich im Jahr 1972, nach dem Tod von Giuseppe Panerai, der Marineoffizier und Industrieingenieur Dino Zei das Ruder. Unter seiner Führung entstanden weiterhin Instrumente für militärische Zwecke. Als der diesbezügliche Bedarf mit dem Ende des Kalten Kriegs einbrach, offerierte Panerai seinen tickenden Marine-Klassiker Panerai Luminor im freien Verkauf. Weil sich der Erfolg nicht zuletzt wegen der opulenten Gehäusegröße in engen Grenzen hielt, endeten die Aktivitäten in den 1990-er Jahren. Glücklicherweise war dies jedoch nicht das Ende der Marke, denn im Jahr 1997 übernahm der Richemont Konzern recht überraschend die kleine Florentiner Marke.

Im militärischen Umfeld besitzt Zeit eine absolute Priorität. Das militärische Leben ist immer von der Zeit bestimmt.  Militärische Aktivitäten sind immer irgendwie programmiert und werden wahrscheinlich im Rahmen bestimmter zeitlicher Vorgaben ausgeführt. Nicht damit Vertraute werden die penible Einhaltung als manisch empfinden. Aber das ist unerlässlich für komplexe Aktivitäten, wie sie militärische nun einmal sind. Bei ihnen hängt der Erfolg am ordnungsgemäßen Ablauf verzahnter Aktionen. Daher muss sich die Uhr nicht nur am Handgelenk trainierter Personen befinden, sondern auch in deren Kopf. Sie muss die Aktionen instinktiv inspirieren und kontrollieren.

Dino Zei

Auf zu neuen Ufern

So schön der Verkauf für die Marke Panerai war, so schwierig entwickelter sich die neue Situation für viele Mitarbeiter, denn der Verkauf hinterließ in Florenz einige kompetente Gehäuse-Spezialisten. Über Jahre hinweg hatten sie die professionelle Konstruktion und Produktion der gleichermaßen robusten wie markanten Uhrengehäuse verantwortet. Ihre kompetente Arbeit umfasste insbesondere das Fräsen bei Raumtemperatur aus vollem Material, nicht jedoch das kostengünstigere Stanzen.

Der Spezialist Gianluca Gervasi nahe Florenz produzierte Gehäuse für Panerai

Vor der Übernahme durch Richemont produzierte Gianluca Gervasi nahe Florenz die Gehäuse für Panerai. Danach war der Spezialist für Anonimo tätig.

Diese anerkannten, in letzter Konsequenz bis 1939 zurückreichenden Fertigkeiten sollten nach dem Verkauf von Panerai natürlich nicht verloren gehen. In Federico Massacesi fand sich schon 1997 ein Investor mit Sinn für die Leistungsfähigkeit des verbliebenen Teams. Der Italiener hatte jahrelang für Salvatore Ferragamo gewirkt, verstand sich also bestens auf hochwertige Luxusgüter, zu denen naturgemäß auch edle Uhren gehören.

Aus der Tatsache, dass ambitionierte Handwerker und Kleinbetriebe in Florenz und benachbarten toskanischen Gemeinden über Jahrzehnte hinweg anonym und hintergründig für andere arbeiteten, leitete er schließlich den ungewöhnlichen Namen Anonimo für die von ihm gegründete Uhrenmarke ab. Deren Produkte stachen durch die Formensprache der weiterhin in Florenz gefertigten Gehäuse und signifikante Zifferblätter ins Auge. Die Uhrwerke hingegen ließ er aus der Schweiz kommen. Die Montage und  Reglage, als Regulierung erfolgte schließlich in der malerischen Toskana 

OM Militare Automatico, OM Chronoscopo Mark II Shelby, OM Chrono racing TP-ITA 572 Bang & Olufsen

OM Uhren, sprich Opera Meccana-Armbanduhren aus den Anfangsjahren von Anonimo.  V.l.n.r.: OM Militare Automatico, OM Chronoscopo Mark II Shelby, OM Chrono racing TP-ITA 572 Bang & Olufsen

Vom Privatlabel zu Anonimo

Von diesem Engagement profitierten anfangs primär externe Auftraggeber. Nach drei Jahren als Private Label Produzent fiel 2000 bei Anonimo die Entscheidung, mit der Uhrenlinie „Opera Meccana“ selbst ans Licht der Öffentlichkeit zu treten. Diese Aktivitäten fielen vor allem in Nord- und Lateinamerika auf fruchtbaren Boden.
Sponsoring-Aktivitäten unterstützten die Entwicklung der Marke. 2001, 2002 und 2003 kooperierte Anonimo unter anderem auch im Rahmen der „Pharao Rallye“ mit dem KTM Motorrad-Team. Ab 2004 gesellten sich dann weitere Segelregatten hinzu.

2005 erwärmte sich auch der deutsche Nationaltorhüter Oliver Kahn für die eindrucksvollen Zeitmesser aus italienischen Landen.
In den Jahren 2006 und 2007 wiederum nahm eine Anonimo-Yacht am „MED CUP“ teil. Dino Zei brachte dabei seine Erfahrungen ab 2004 ein. Ein Jahr später lieferten Mitglieder der bekannten italienischen Tauchervereinigung CNS ihren Input zur Gestaltung zuverlässiger Taucheruhren.

Nationaltorhüter Kahn mit seiner Anonimo Uhr

Bis 2011 entstanden so etwa 34 verschiedene Uhrenmodelle. Etliche davon fertigte Anonimo in unterschiedlichen Ausführungen.

Materialforschung groß geschrieben

Bei der Kreation von Armbanduhren gilt es unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Sie reichen von A wir Armband bis Z wie Zeiger und Zifferblatt. Irgendwo in der Mitte findet sich das Material. Und das spielte bei Anonimo wegen des historischen Hintergrunds eine wichtige Rolle. Edelmetalle wie Gold oder Platin passten nicht zur Marken- und Produktphilosophie. Dafür aber Edelstahl AISI 316 L – X2CrNiMo17122 mit besonderer Korrosionsbeständigkeit.

Des Weiteren gehört Anonimo zu den Pionieren des Bronze-Zeitalters in der Gehäusefertigung. Die verwendete Marine-Bronze UNI 5275, bekannt auch als Aluminium Bronze, widersteht mechanischem Stress ebenso wie Korrosion. Dritter im Bunde ist Titan. Das Metall zeichnet sich durch Sicherheit, Leichtigkeit, Belastbarkeit und seine antiallergischen Eigenschaften aus. Somit eignet sich der Werkstoff ideal für den Kontakt mit Handgelenken, wo aggressiver Schweiß an der Tagesordnung ist. Überdies ist Titan ebenso wie Bronze unempfindlich gegen Magnetismus.

Anonimo Millimetri

Gehäuse

Üblicher Weise bestehen die Gehäuse für Armbanduhren aus drei Komponenten: das tragende Mittelteil, der Glasrand und der Boden. Dieses bewährte Konstruktionsprinzip wendete Anonimo bei den meisten seiner Uhren an. Das gilt auch für die 1997 kreierte, ein Jahr später erstmals während der Uhrenmesse in Vicenza gezeigte und ab 2000 verkaufte Anonimo Millemetri.
Diese Taucheruhr gehört zu den wenigen Exemplaren, die trotz ihrer dreiteiligen Schale eine garantierte Wasserdichte bis 100 atm Druck oder 1.000 Meter Tauchtiefe besitzen.

Am 9. Oktober 2002 stellte eine dieser Anonimo Armbanduhren ihre deutlich weiter reichenden Fähigkeiten vor der Küste Siziliens unter Beweis. Während des „Geostar“-Projekts konnten ihr selbst 210 Atmosphären Druck nicht das Geringste anhaben. Diese positiven Erfahrungen bestätigten sich 2006 im Chinesischen Meer, wo sie Mitglieder der CNS begleitete.

Natürlich wusste Anonimo um die Bedeutung der Aufzugs- und Zeigerstellkrone. Die Suche nach einem zuverlässigen, geradezu „idiotensicheren“ System führte 2004 zur Genese der einzigartigen Anonimo Militare. Der patentierte Kronenschutz funktioniert sozusagen automatisch. Wer die Uhr ans Handgelenk schnallt, verschließt die Schale zwangsläufig an dieser neuralgischen Stelle. Abgeleitet von einer Militär-Taschenuhr fanden sich die Krone und der bewegliche Bandanstoß mit integriertem Andruck-Dorn zunächst bei „12“.  Massacesi verlegte beides zur „6“.

Anonimo Militare

Neben der „Militare“ gehört die Taucheruhr Anonimo Chronoscopio zu den besonders markanten Armbanduhren der sportiven Anonimo-Kollektion. Der Name weist unmissverständlich aber auch völlig korrekt auf die Zusatzfunktion hin. Gemeint ist das, was heute landläufig als Chronograph bezeichnet wird, tatsächlich aber ein Chronoskop ist.
Ein Flankenschutz für die Krone und signifikante Schrauben zur Befestigung der Lünette machten das kissenförmige, bis 20 Atmosphären wasserdichte 43,3-Millimeter-Gehäuse zum Hingucker.

Ein schönes Buch über Florenz und seine Uhren wie Uhrenmarken

Alles rund um die Uhrenmarke Anonimo und ihre Geschichte findet sich im zweisprachigen (italienisch und englisch) Buch von Dino Zei „Da Aonimo a Firenze Orologi“. Vom 2012 erschienenen Band wurden nur 800 Stück gedruckt. Im Internet findet man es noch für etwa 120 Euro.

Relaunch

Natürlich ging die schwere internationale Finanzkrise nach 2008 auch an Anonimo nicht spurlos vorbei. Deren Folgen und andere interne Probleme bedingten 2012 den Übergang an einen neuen Eigentümer. Der luxemburgische Milliardär Flavio Becca besitzt ebenfalls italienische Wurzeln und dazu ein ausgeprägtes Faible für hochwertige Armbanduhren. 

Der Uhrenmanager Aldo Magada

Somit startet Anonimo ab 2013 in einem neuen Schweizer Domizil kraftvoll durch. Unangetastet blieb dabei die traditionsreiche Gehäuse-Expertise. Ferner zielt die Firmenphilosophie auf Bewahrung existenter Werte. Zu dieser Zeit hatte Aldo Magada (siehe Foto) bei Anonimo das Sagen. In seiner Eigenschaft als CEO erweiterte er die Anonimo Nautilo Linie um neue Modelle erweitert. Die Biographie dieser  sportiven Armbanduhr reichte immerhin zurück bis ins Jahr 2006.

Anonimo Nautilo Entstehung

Damals hatte sich Dino Zei noch maßgeblich am Design beteiligt. 2015 brachte eine 44,4 Millimeter große Taucher-„Nautilo“ mit Bronzegehäuse, signifikant bei „4“ positionierter Schraubkrone und einseitig rastender Drehlünette. In der bis 20 bar wasserdichten Schale verbaut Anonimo das bewährte Automatikkaliber Sellita SW200-1.

Anonimo Nautilo

Entwicklung der sportiven Nautilo-Linie seit 2006. V.l.n.r.: Dino zei DZ Marinai d’Italia, OM Opera Meccana Nr. 1989 „Sailor Diver“ und die neue „Nautilo Vintage“

Anonimo Nautilo Bronze, 2015

Anonimo Nautilo Bronze, 2015

Anonimo Nautilo

Besagtes Kaliber Sellita SW 200-1 beseelte auch die jüngste Anonimo Nautilo Generation des Jahres 2019. Zu ihr gehört einmal die kleinere Edelstahl-Variante mit 42 mm Gehäusedurchmesser und kratzfestem Keramik-Glasrand, der sich aus Sicherheitsgründen nur entgegen dem Uhrzeigersinn verdrehen lässt. Speziell gestaltete Federstege gestatten den Wechsel des Armbands sozusagen im Handumdrehen. Neben einem Gliederband steht schwarzes Kalbsleder oder Kautschuk zur Wahl. Das Preisspektrum reicht von 2.190 bis 2.470 Euro.

Nautilo Vintage

An Dino Zei und seine Kreation erinnert die ebenfalls 42 mm messende „Nautilo Vintage“ in Edelstahl mit Keramik-Glasrand. Bei ihr stechen die mit einem Sonnenschliff versehenen Retrolook“-Zifferblätter ins Auge. Zur Wahl stehen Blau, Schokobraun und Anthrazit. Hinzu gesellt sich ein samtiges Silber. Die zugehörigen Lederbänder lässt Anonimo in Italien von Hand fertigen. Gleichfalls erhältlich ist diese Armbanduhr mit stählernem Gliederband. Das bis 20 bar wasserdichte Quartettkostet mit Lederband für 2.190 Euro. Mit Stahlband sind es 2.470 Euro.

Uhrenkosmos Modell-Steckbrief 

Hersteller Anonimo
Name Nautilo 42 Millimeter und Nautilo Vintage
Referenzen 42 mm: AM-5009.09.102, AM-5009.09.103, AM-5009.00.770                                                                            Vintage: AM-5019.06.103
Premiere November 2019
Uhrwerk Kaliber Sellita SW 200-1
Aufzug automatisch
Durchmesser 25,6 Millimeter
Bauhöhe 4,6 Millimeter
Gangautonomie ca. 38 Stunden
Unruhfrequenz vier Hertz
Anzeige Stunden, Minuten, Sekunden, Fensterdatum
Zusatzfunktionen keine
Gehäuse Edelstahl
Durchmesser 42 Millimeter
Höhe 11,8 Millimeter
Wasserdichte 20 bar
Armband Leder, Kautschuk oder Edelstahl (nur Modell 42 Millimeter)
Preis ca. 2.190 Euro (Leder, Kautschuk) bzw.
ca. 2.470 Euro (Gliederband)
Limitierung keine

 

 

Haben Sie Feedback zu unserem Artikel? Hinterlassen Sie gerne einen Kommentar.

Kommentare zu diesem Beitrag

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Uhrenkosmos Newsletter abonnieren

Keine News mehr verpassen!

Die ganze Welt der Luxusuhren...

Melden Sie sich zu unserem Uhrenkosmos-Newsletter an und erhalten Sie regelmäßig News zu luxuriösen Uhren komfortabel direkt in Ihr Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung.